Verleihsystem “car2go“ startet nur nördlich der Elbe

Harburg. Einsteigen, losfahren abstellen - nur nicht in Harburg: Ab März 2011 wird das neue Verleihsystem "car2go" - ein Gemeinschaftskonzept von Daimler und Europcar - in Hamburg eingeführt. 300 Autos stehen dann jenseits der Elbe in Eppendorf, Winterhude, Uhlenhorst, Rotherbaum und in den inneren Stadtteilen wie St. Pauli, Neustadt und Sternschanze bereit. Kunden können sich für 29 Euro bei "car2go" registrieren, erhalten dann eine Plakette, die man sich in den Führerschein klebt und mit der man über den Code der Windschutzscheibe fährt.

Über Touchscreen wird der Smart dann aktiviert. Das Procedere funktioniert ähnlich einfach wie beim Leihsystem Stadtrad, das als Erfolgsmodell gilt. Und es gibt noch eine Parallele zu den roten Leih-Flitzern: Harburg wurde ausgebremst. "Wir haben uns erst einmal an Stadtteile mit hoher Bevölkerungsdichte und wenig Parkraum gehalten. Aber wenn es hier gut läuft, könnte es "car2go" auch in Harburg geben", sagt "car2go-Pressesprecher Andreas Leo.

Harburg kann sich kaum gegen Politik der Ignoranz zu wehren

Eine Argumentation, die Ortspolitikern allzu bekannt vorkommt. "Genau das gleiche wie bei StadtRad", sagt Immo von Eitzen, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP in der Bezirksversammlung. Da habe es auch geheißen, wenn die roten Räder zufriedenstellend genutzt würden, bekomme auch der Harburger Süden die Verleihstationen. "Davon wurde wieder Abstand genommen", so von Eitzen. Das liege daran, dass das Wählerpotenzial der GAL, die die Initiative ins Rollen brachte, hauptsächlich in Eppendorf und Eimsbüttel wohne. "Die müssen vordringlich zufriedengestellt werden." Harburg würde sich nur für die Einführung neuer Projekte eignen, die kein anderer Bezirk nehmen würde. "Schlickhügel, sozialer Wohnungsbau der Saga, Startbahnen und besonders rigorose Sparvorgaben", wettert von Eitzen. Leider habe Harburg nur sehr wenige Möglichkeiten, sich gegen diese Politik der Ignoranz zu wehren. "Dann schwingt der Senat das Evokationsschwert, wie bei dem Bauvorhaben an der Röttiger-Kaserne." Wenn Harburg hier keinen Geschosswohnungsbau zulasse, wolle der Senat dort sozialen Wohnungsbau im Alleingang durchsetzen. "Mit liberalen Grundsätzen hat das alles nichts mehr zu tun." Es sei außerdem ein Witz, dass Harburg mit seinen 160 000 Einwohnern zu klein sei, um hier Verleihsysteme einzuführen. "Jede Kleinstadt mit 50 000 Bürgern hat doch solche Möglichkeiten realisiert. Da geht das doch auch."

SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath ist ebenfalls sauer darüber, dass Harburger beim innovativen Carsharing leer ausgehen. Ihn stört ein weiterer Aspekt. "Pro Minute müssen 29 Cent bezahlt werden, pro Stunde kostet das Fahren mit dem Smart 14,90 Euro. Das ist sehr teuer für Menschen, die nicht zu den Besserverdienern gehören", sagt er. Das Argument, im Preis inbegriffen seien Benzinkosten, gefahrene Kilometer und Parkgebühren auf öffentlichen Parkplätzen, zieht bei ihm nicht. "Der soziale Ansatz wurde wieder mal nicht berücksichtigt. Das ist klassische Klientelpolitik der CDU."

Das sieht Kay Wolkau, stellvertretender Vorsitzender der GAL-Fraktion in der Bezirksversammlung, anders.

Fahrradservicestation am Harburger Bahnhof ist angedacht

"Es ist bedauerlich, dass Harburg zunächst bei "car2go" ausgespart wurde. Sicherlich wird es hier in den kommenden Jahren ebenfalls Verleihstationen geben." Er hofft, dass die Harburg-Smarts dann wenigstens mit E-Technik laufen. "Bis jetzt haben die Autos ja immerhin schon ein Solardach. Das reicht uns aber noch nicht." In Sachen Fahrradverleih sei es angedacht, am Harburger Bahnhof immerhin eine Fahrradservicestation einzurichten. Dort könnten nicht nur Räder ausgeliehen, sondern auch Fahrräder repariert und sicher abgestellt werden. Doch dieser schon seit einigen Jahren kursierende Plan ist immer noch Zukunftsmusik. "Anfang 2011 wird es ein Zwischenergebnis über den Projektstand geben."

Harburgs CDU-Chef Ralf Dieter Fischer: "Das Projekt hätte zuerst in Harburg installiert werden müssen." Denn: Harburg sei größer als Eimsbüttel, größer als Altona und größer als Nord, so Fischer. "Außerdem hält Daimler hier einen originären Standort. Wir hier im Bezirk haben schon viel für das Unternehmen getan." Es wäre nur anständig gewesen, wenn man Harburg jetzt bei "car2go" an erster Stelle gestanden hätte. "Der Smart fährt in alle Richtungen. Er muss nicht jenseits der Elbe halt machen", sagt Fischer.