TUHH-Präsident begrüßt 1120 Erstsemester im Audimax. Große Begeisterung für gesponserte “Erstie-Tasche“

Harburg. Mit Schwung nimmt Edwin Kreuzer, Präsident der Technischen Universität (TUHH) die Stufen zum Audimax I. Er blickt nachdenklich auf das große Porträt des Physikers Albert Einstein, das an der Wand hängt. Und bevor er in seiner Begrüßungsansprache vor etwa 800 Erstsemesterstudenten die Wichtigkeit von ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen betont, könnte er an folgendes Einstein-Zitat gedacht haben: "Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein Kind auf Erden gibt, das Not leidet." Mag es auch den einen oder anderen Idealisten unter den Ingenieuren in spe geben, die den Klimawandel verhindern und die Welt auch künftig mit Trinkwasser versorgen wollen - das Gros der jungen Akademiker wird angelockt durch die guten Berufsaussichten im In- und Ausland.

"Wenn man es hier schafft, hat man tolle Chancen", sagt der 21 Jahre alte Sebastian Rotzolk aus Bergedorf. Er will Bioverfahrenstechnik studieren und ist erstaunt, wie viele Kommilitonen sich mit ihm an der TU neu eingeschrieben haben. Denn 1120 Studierende nehmen zum Wintersemester ihr Bachelor-Studium an der TU auf. Gegenüber dem Vorjahr sind es etwa 28 Prozent mehr Studienanfänger. So viel wie nie zuvor in der 32 Jahre alten Geschichte der Universität.

"Zum einen liegt dies sicherlich an dem doppelten Abiturjahrgang in Hamburg, der für einen Studi-Boom sorgt - deshalb wurden der TU mehr als 100 zusätzliche Studienplätze im Rahmen des Hochschul-Pakts 2020 zur Verfügung gestellt - zum anderen sind dies jedoch die attraktiven Berufsaussichten für junge Ingenieure", sagt Kreuzer. So gibt es in Deutschland etwa 37 000 offene Stellen für Ingenieure. Wirtschaft und Industrie suchen bereits heute nach gut qualifiziertem Fachpersonal. Ein Studium an der TU Harburg ist begehrt. Mehr als 7000 junge Menschen aus dem Hamburger Umland, aus anderen Bundesländern und dem Ausland haben sich vor Beginn des Semesters für einen TU-Platz beworben. 3650 wollten einen der 1013 Studienplätze in den 13 Bachelor-Studiengängen ergattern.

Auf Platz eins auf der Liste der am stärksten frequentierten Studienangebote im Grundstudium steht das Fach Maschinenbau mit 253 Studienanfängern, gefolgt vom Studiengang allgemeine Ingenieurswissenschaften. Ebenso gefragt sind die Fächer Energie- und Umwelttechnik mit 116 Erstsemesterstudenten, Schiffbau sowie Logistik und Mobilität.

Unter denjenigen, die Glück beim Auswahlverfahren hatten und nun Kreuzers Ansprache lauschen, ist Lisa Voigt, 20, aus Brandenburg. Sie büffelt bald für Klausuren im Fach Bau-Ingenieurswesen. "Mathe war halt immer meine große Stärke, und die Chancen auf dem Jobmarkt sind gut, wenn ich mit dem Studium durch bin", sagt sie. Lisa Voigt hat eines der begehrten Zimmer im Wohnheim an der Ebelingstraße ergattert. Es gefällt ihr in Harburg. "Die Innenstadt finde ich schon nett, aber es gibt dort leider auch einige düstere Ecken, die ich meide", sagt sie. Ein wenig wundert sie sich dann schon, weshalb im Werbefilm über die Stadt Hamburg, der den TU-Erstsemestern während der Begrüßungsveranstaltung gezeigt wird, Harburg gar nicht vorkommt. "It's a fine City" tönt es aus den Lautsprechern, und über die Leinwand flimmern Clips über den Hafen, die Hamburger Innenstadt, Stadtpark, Sportarena und Nachtleben. Von Harburger Ansichten und Alltagsleben keine Spur. "Schade, das fehlt total", sagt ein Student, der in der zweiten Bankreihe sitzt und sich den Streifen aufmerksam ansieht.

Einige haben sich ihr Bild schon selbst gemacht. So, wie Koray Soygün, 20. Der Erstsemester-Student hat die Fächer Logistik und Mobilität belegt und ist jeden Tag etwa eineinhalb Stunden mit der S-Bahn von Poppenbüttel an den Schwarzenberg zum TU-Campus unterwegs. Umziehen will er nicht. "Das ist mir hier zu trist. Der Stadtteil schreckt mich ab", sagt er.

Doch als er sieht, wie begeistert seine Kommilitonen klatschen, als die Erstsemester-Begrüßungstasche, die von Harburgs Einzelhandel und Gewerbe von der TU-Theater-AG vorgestellt wird, wird er nachdenklich. Zwei Studenten stellen die prall gefüllte Tasche, in der sich unter anderem USB-Stick, Kaffee-Gutscheine und Lunchbox befinden, vor. Der Inhalt kommt gut an. Nach der Begrüßungsveranstaltung wird die "Erstie-Tasche" an der Garderobe im Audimax überreicht - und den Verteilern förmlich aus den Händen gerissen. "Na ja, ein Laptop wäre schon super gewesen, aber ich bin ganz zufrieden mit der Tasche, ist eine nette Geste von den Harburger Geschäftsleuten", sagt ein Student, der sich die bunte Tasche aus Lkw-Planenmaterial schon umgehängt hat.