In Brackel gibt es die einzige offene Ganztagsgrundschule im Landkreis Harburg

Brackel. Heute gibt es Geschnetzeltes mit Gemüse, dazu Kartoffeln. Die Kinderaugen leuchten, brav haben sich die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Brackel in einer Reihe aufgestellt. An den langen Tischen wartet schon Besteck und bunte Becher. In einer halben Stunde beginnt das Nachmittags-Kursangebot.

130 Kinder bekommen in der Grundschule jeden Mittag eine vollwertige Mahlzeit. Insgesamt sind hier 271 Kinder angemeldet - seit Sommer 2009 besuchen sie die einzige offene Ganztagsgrundschule im Landkreis Harburg. Schüler aus Brackel, Thieshope, Quarrendorf, Marxen und Asendorf besuchen die Schule - aber auch immer mehr aus anderen Einzugsgebieten.

"Den pädagogischen Mittagstisch bieten wir eigentlich schon seit 2001 an", sagt Lieselotte Schelm, die seit 1992 die Schule leitet. "Mir war es wichtig, dass alle Schüler ein qualitativ hochwertiges Mittagessen bekommen können, auch wenn das zu Hause aus Zeit- oder Geldgründen nicht möglich ist", sagt sie. Aber dabei blieb es nicht. In den letzten Jahren führte die Pädagogin auch ein Nachmittagsangebot ein: Hausaufgabenbetreuung, Sport, Kunstunterricht. "Manche Eltern können ihre Kinder eben nicht jeden Nachmittag von einem Angebot zum nächsten fahren. So war alles an einem Ort." Und zwar in der Schule. Der Haken: Die Eltern mussten die Angebote bezahlen. Was in den Augen Lieselotte Schelms sozial schwierig ist: Nicht alle Eltern konnten sich diese "Extras" leisten. Die Lösung: Die verlässliche Grundschule in eine offene Ganztagsschule umwandeln. Offen bedeutet hierbei: Jeder kann das kostenfreie Nachmittagsangebot nutzen, muss es aber nicht, denn der verpflichtende Lehrplan-Stoff wird in den Vormittagsstunden vermittelt.

Die Schulleiterin startete eine Umfrage unter den Eltern. Das Ergebnis: Mehr als 70 Prozent waren für die Umwandlung zur Ganztagsschule. Lieselotte Schelm holte den Schulträger, die Samtgemeinde Hanstedt, mit ins Boot, schrieb ein Konzept und reichte es zusammen mit einem Antrag beim niedersächsischen Kultusministerium ein.

Ihre Schwerpunkte: Alle Kinder sollten ein gesundes Mittagessen aus Biolebensmittel bekommen, eine Hausaufgabenbetreuung sollte eingerichtet werden und ein Kursangebot, das jedem Kind kostenfrei offen steht.

"Guck mal Frau Schelm", sagt die kleine Lina und hebt strahlend ihre Fußball-Medaille in die Höhe. "Gut gemacht", sagt die Schulleiterin und streicht dem Mädchen über den Kopf. Das breit gefächerte Sportprogramm, zumeist in Kooperation mit regionalen Vereinen, macht einen Teil des Nachmittagsprogramms aus. Dazu kommen montags bis donnerstags Englisch-Kurse, Musik-, zum Beispiel Blechbläser-, Flöten- oder Trommelkurse, museums-pädagogische Projekte in Zusammenarbeit mit dem Freilichtmuseum am Kiekeberg. Ein umfangreiches, qualitativ hochwertiges Angebot, das von 75 Prozent der Schüler genutzt wird.

Einige von ihnen sind jeden Nachmittag in der Schule, andere kommen nur zu bestimmten Kursen. "Da sieht man wie hoch der Bedarf nach einer Ganztagsbetreuung heute ist", freut sich Lieselotte Schelm.

Trotzdem fällt die Umsetzung nicht immer leicht. "Uns fehlt Geld", so die Schulleiterin. 22 000 Euro im Jahr erhält die Schule vom Land. Ein Vielfaches mehr trägt die Samtgemeinde Hanstedt bei. Doch das reicht noch nicht aus.

Drei pädagogische Mitarbeiter betreuen den Mittagstisch, acht Sozialpädagogen, Erzieherinnen, aber auch Mütter älterer oder ehemaliger Schüler mit entsprechender Ausbildung übernehmen die Hausaufgabenhilfe und Betreuung. "Das Budget trägt die Kosten für diese Kräfte und das Kursangebot. Nur pro Mittagessen muss 3,50 Euro gezahlt werden", so Lieselotte Schelm. "Aber wir bräuchten im Grunde eine weitere pädagogische Mitarbeiterinnen, um die Hausaufgabengruppen zu verkleinern." Ab einer bestimmten Gruppengröße werde man den Kindern nicht mehr gerecht.

"Wenn man eine Ganztagsschule auf qualitativ hohem Niveau halten will, braucht man Geld - hier ist meiner Meinung nach das Land gefragt", sagt Lieselotte Schelm. Geplant sei eine bessere finanzielle Ausstattung durch das Land Niedersachsen. Wann die kommt, wisse sie nicht. Lieselotte Schelm schaut lächelnd in die Kindergesichter. Sie wolle jedem ihrer Schüler die beste Förderung ermöglichen.