32 Vereine und Institutionen in Harburg werben um engagierte Mitstreiter

Harburg. Als Dieter Otto, 56, vor 30 Jahren nach Finkenwerder zog, war für ihn schnell klar: "Ich übernehme ein Ehrenamt und gehe zur Deichwacht." Der Flugzeugbauer wohnte in der Nordmeerstraße und erfuhr, dass dort das Wasser bei der großen Sturmflut 1962 zweieinhalb bis drei Meter hoch stand - "da wäre ich also abgesoffen".

So ging er gemeinsam mit einem Arbeitskollegen, der schon bei der Deichwacht war, zu einer Übung und war "gleich angetan von der guten Gemeinschaft". Heute ist Dieter Otto Zugführer der Deichwacht Finkenwerder und ist damit zuständig für einen Bereich vom Aluminiumwerk bis zur Klappbrücke bei der Sietas-Werft am Este-Sperrwerk. Mittlerweile ist auch sein Sohn Benjamin, 26, von Beruf U-Bahnfahrer bei der Hamburger Hochbahn, schon aktiver Helfer bei der Deichwacht.

Die Deichwacht Finkenwerder und Harburg gehörten am Sonnabend zu den insgesamt 32 Vereinen und Institutionen, die im und vor dem Harburger Rathaus ihre Arbeit vorstellten - und, ganz wichtig, um neue ehrenamtliche Helfer warben. Die Süd-Hamburger, die zur 4. Harburger Freiwilligenbörse kamen, konnten sich bei ganz unterschiedlichen Einrichtungen informieren.

So suchte der Hospizverein Hamburger Süden ambulante Sterbebegleiter, das Haus Huckfeld von fördern und wohnen Begleiter für Ausflüge, Kino- und Gottesdienstbesuche, der Landesverband Angehörige psychisch Kranker Berater, der Weisse Ring Betreuer von Kriminalitätsopfern und die Gruppe Süd des Naturschutzbundes, Landesverband Hamburg, Helfer bei Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

Zu weiteren Teilnehmern der Freiwilligenbörse gehörten der Verein Alter Friedhof, Stricken für Frühchen, die Seniorentreffs im Bezirk Harburg, das Projekt Tandem von IN VIA Hamburg und der Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg.

Schirmherr der Freiwilligenbörse war der Harburger Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg (CDU). Er sieht die bisher auf Bezirksebene geleistete Arbeit als vorbildlich an und reagiert mit seiner positiven Einschätzung auf die von der Hamburger Sozialbehörde gestarteten Aktionstage "Nachbarschaft verbindet", die ebenfalls die Förderung ehrenamtlicher Unterstützung zum Ziel haben.

Interessenten für ein Ehrenamt bekamen am Sonnabend eine "Checkliste" mit Fragen mit auf den Weg - "was muss ich wissen, wenn ich mich engagieren will?" "Warum möchten Sie sich freiwillig engagieren? Was möchten Sie mit ihrer freiwilligen Tätigkeit erreichen? Wie viel Zeit möchten Sie investieren? Welche Form der Verbindlichkeit wollen oder können Sie eingehen? Wie mobil sind Sie? Haben Sie eine konkrete Aufgabe im Sinn? Und welche Kompetenzen wollen Sie einsetzen?"

"Die Deichwacht", sagte Dieter Otto und schmunzelt dabei, "sucht junge Leute, die nicht wasserscheu sind, denn Katastrophen passieren ja meistens nicht bei Sonnenschein, sondern bei Sturm und Regen." Mitglieder der Deichwacht müssen im Katastrophenfall bei einer Sturmflut Schadstellen in Deichen ausbessern. Regelmäßig üben sie, mit Sandsäcken sogenannte Quellkaten zu bauen.

"Bei uns können sich die Helfer körperlich betätigen und etwas für die Allgemeinheit und ihre Heimat tun", sagte Dieter Otto. Ehrenamtliches Engagement sei erstrebenswert und wichtig, "weil man Teil einer Gemeinschaft ist, etwas Sinnvolles macht und nicht zu Hause herumsitzt".

Allerdings sei es seher schwer, Jugendliche heute für ein Ehrenamt zu begeistern. Dieter Ottos Erfahrung: "Die erste Frage ist oft, 'was verdienen wir?', und die zweite, 'welche Fahrzeuge kann ich fahren?'" Die Antwort darauf ist für junge Menschen oft ernüchternd: Geld gibt es keines für das Ehrenamt, und die Fahrzeuge werden von Fahrern der Stadtreinigung und einer Spedition gefahren.