Die Anbaufläche im Landkreis Harburg hat sich in fünf Jahren verdoppelt. Der Trend geht zur Biogas-Erzeugung

Buchholz. Erst viel zu kalt, dann zu heiß und trocken - das Wetter im Sommer hat es dem Mais schwer gemacht. Deshalb wird die Ernte in diesem Jahr ein bis zwei Wochen später beginnen als sonst in Niedersachsen. Zugleich werden die Erträge durchschnittlich rund zehn Prozent geringer ausfallen, teilt die Landwirtschaftskammer in Oldenburg mit.

Das macht auch den Landwirten zu schaffen, die Mais für die Biogasproduktion anbauen und vielfach ihre eigenen Biogasanlagen betreiben. Im Landkreis Harburg stehen zehn Biogasanlagen. Wenn Landwirte durch Ernteausfälle ihre Lieferverträge mit den Stromkonzernen nicht einhalten können, müssen sie das fehlende Getreide zukaufen. "Das ist ein ganz normales Geschäftsrisiko", sagt Werner Maß, der stellvertretende Geschäftsführer vom Landvolk Kreisverband Lüneburger Heide Harburg/Soltau-Fallingbostel. Allerdings ist ihm kein Fall bekannt, in dem ein Landwirt durch übermäßige Spezialisierung auf Energiemais derzeit mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. "Bisher zeichnet sich noch keine kritische Entwicklung ab, der Mais hat sich durch den starken Regen der letzten Wochen gut erholt."

Der Maisanbau im Landkreis Harburg hat sich seit dem Beschluss des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Jahr 2000 deutlich erhöht. Auf 8563 Hektar der Gesamtanbaufläche von 56 600 Hektar wurde im Landkreis im Jahr 2010 Mais angebaut. 2005 waren es nur 4389 Hektar. Zwar hat die Landwirtschaftskammer keine Angaben, wie viel des angebauten Maises exakt für die Biogasproduktion eingesetzt wird, und was als Tierfutter Verwendung findet, doch der Trend geht zum Biogas. Allein von 2009 auf 2010 vergrößerte sich die Maisanbaufläche um 2105 Hektar. Gleichzeitig ist die Viehhaltung eher rückläufig.

Grade auf schlechten Böden sei Mais die mit Abstand ertragreichste Pflanze, sagt Maß, so dass er Landwirten den Maisanbau als zweites Sandbein durchaus empfiehlt, gerade auch wegen der staatlichen Förderung, die den Biogasproduzenten auf 20 Jahre feste Abnahmepreise durch die Stromkonzerne garantiert. Dadurch ist der Anbau von Energiemais auch ohne zusätzliche Agrarsubventionen attraktiv. Seit 2009 fällt die Energieprämie, die zwischen 2005 und 2009 gezahlt wurde und zwischen 35 und 42 Euro pro Hektar schwankte, weg. Die Landwirte bekommen nur noch eine allgemeine Prämie von 255,12 Euro pro Hektar Ackerfläche, die unabhängig von der angebauten Pflanze gezahlt wird.

Monokulturen, wie sie jetzt schon in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein gang und gäbe sind, seinen für den Landkreis Harburg nicht zu befürchten, sagt Maß. "Der Landkreis Harburg ist von der ganzen Biogas-Euphorie noch verschont geblieben, das geht jetzt erst los." Neben den zehn bestehenden Biogasanlagen im Kreis sind grade drei weitere im Bau.

Zum Vergleich: Im Landkreis Soltau-Fallingbostel gibt es mehr als 70 Biogasanlagen, im Landkreis Rothenburg sind es sogar gut 100. Doch Maß beschwichtigt: "In Harburg lässt schon die Struktur der Ackerflächen keine unbegrenzte Ausdehnung der Maisanbaufläche zu. Wir haben hier teils sehr gute Böden, auf denen man andere Feldfrüchte rentabler anbauen kann, und auch viele kleine Äcker, auf denen sich die Bewirtschaftung mit den für den Mais notwendigen Maschinen nicht lohnen würde." Ökologische Schäden durch den dauerhaften Anbau von Mais schließt Maß aus: "Die Böden werden nicht ausgelaugt. Mais ist selbstverträglich und kann ohne Schaden für den Boden mehrmals hintereinander angebaut werden."

Gleichwohl birgt die Gründung von Biogasanlagen für die Landwirte auch Risiken. Maß: "Wir raten nur zum Bau einer Anlage, wenn das Management top ist und die Landwirte sich gut verstehen. Immerhin geht man mit so einer Gemeinschaftsanlage eine Bindung für zehn bis 15 Jahre ein. Auf keinen Fall ist Maisanbau für Biogas die einfache Patentlösung zum Geldverdienen." Eine größere Biogasanlage, die von mehreren Landwirten betrieben wird, kostet um die 4,5 Millionen Euro, eine kleinere für einen einzelnen Landwirt zwei Millionen Euro.

Maß vermutet, dass sich die Zahl der Biogasanlagen zunächst zwar noch erhöhen wird, sich dann aber langsam einpendelt - zum einen, weil die staatliche Förderung nicht ewig auf so hohen Niveau bleiben wird, zum anderen, weil er sich auch vorstellen kann, das der Gesetzgeber weitere Anlagen aus Landschaftsschutzgründen untersagt.