Wenn sich in Kusköy, einem Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste, zwei Nachbarn zum Tee verabreden wollen, rufen sie sich nicht an, sie pfeifen.

Kusköy bedeutet so viel wie "Vogeldorf", und wenn man den Bewohnern bei ihren Gesprächen zuhört, versteht man, warum. Die 500 Einwohner haben eine ganz besondere Sprache - Vogelsprache genannt - die nur aus Pfiffen besteht. Ein bisschen klingt die Pfeifsprache in Kusköy tatsächlich wie Vogelgezwitscher, manchmal antworten die Vögel sogar. Damit können sich die Leute in dem bergigen Gelände über weite Distanzen unterhalten, ähnlich wie die Jodler in den Alpen. Jeder Piff steht für eine bestimmte Silbe, so dass man quasi die gesprochene Sprache nach pfeift und auch Fremdwörter oder Namen problemlos darstellen kann. Um die richtige Lautstärke zu erreichen, wird auf einem oder zwei Fingern gepfiffen. Tonhöhe und Klang reguliert man mit Zunge und Kehlkopf.

Auch Geheimsprachen für jede Familie lassen sich so entwickeln.

Es gibt sogar einen jährlichen Wettbewerb, in dem die besten Vogelsprachler gegeneinander antreten. Wer den kompliziertesten Satz pfeifen kann, gewinnt.

Auch in anderen Regionen der Welt gibt es Pfeifsprachen, wie auf der kanarischen Insel La Gomera, wo das Pfeifen inzwischen sogar in Schulen unterrichtet wird oder in einigen Orten in China, Mexiko, Vietnam und sogar dem Senegal. Leider sterben die meisten der rund 70 Pfeifsprachen auf der Welt aus, weil moderne Techniken wie Handys sie überflüssig machen. Die Bewohner von Kusköy halten dagegen an ihrer Sprache fest: "Für ein Handy muss man zahlen, Pfeifen ist umsonst!"