Ehemalige polnische Zwangsarbeiterin Halina Balicka nach 67 Jahren auf Einladung wieder in Harburg

Harburg. Doch, an den Schornstein des Phoenix Werks an der Hannoverschen Straße konnte sich Halina Balicka, 89, gut erinnern. Dabei liegt die Zeit, in der sie erstmals nach Harburg kam, 67 Jahre zurück. Eine schlimme Zeit. Kriegsjahre. Sie war damals, im Alter von 22 Jahren, als Zwangsarbeiterin von Polen nach Hamburg gebracht worden, war zunächst bei den Klöckner Flugmotorenwerken in Tiefstack eingesetzt und von November 1943 bis zu einem Bombenangriff im Dezember 1944 in der Gummischlauch-Produktion bei Phoenix. Zusammen mit anderen Zwangsarbeiterinnen habe sie in einem Lager am Moordamm in Harburg gewohnt, sagte sie rückblickend und fragte auch, ob zwei junge Frauen - Hilda mit dunklen Haaren und Inge mit blonden Haaren - mit denen sie damals zusammenarbeitete noch lebten. Die Phoenix-Betriebsleitung forschte nach, kam aber zu keinem Ergebnis. Halina Balicka (geb. Zielinska) war im Rahmen des 2001 von der Bürgerschaft initiierten und vom Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme ehrenamtlich organisierten Besuchsprogramms zusammen mit acht weiteren Zwangsarbeitern nach Hamburg eingeladen.

Heiner Schultz vom Freundeskreis konnte mit Halina Balicka, die in Begleitung ihres Sohnes Andrzej und des Dolmetschers Filipe Martins war, nach dem Besuch der Phoenix Werke auch das Harburger Rathaus besichtigen. "Dass ich hier sogar vom Bürgermeister empfangen werde, hätte ich gar nicht erwartet", sagte sie nach einem Gespräch mit Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg.

Das mit 105 000 Euro ausgestattete Programm ermöglicht den Besuch von jährlich etwa 36 Zwangsarbeitern oder überlebenden KZ-Häftlingen aus Osteuropa. Mehr als 300 Besucher wurden bereits eingeladen. Heiner Schultz: "Jetzt haben wir die 20. Gruppe betreut. Aber wie es weitergeht, wissen wir nicht, weil der Sparhaushalt auch Kürzungen beim Programm vorsieht. Viele ehemalige Zwangsarbeiter sind altersbedingt nicht mehr in der Lage, am Besuchsprogramm teilzunehmen."

Heiner Schultz bemüht sich nach wie vor, auch die Geschichte von drei lettischen Zwangsarbeiterinnen aufzuarbeiten, die bei der Signalmunitionsfabrik Carl Flemming in Neugraben arbeiten mussten und im Lager am Falkenbergsweg wohnten. Nachkommen der früheren Meister Pfeifer, Brombach und Rohr werden als mögliche Informanten gesucht. Hinweise an schultzheiner@aol.com per E-Mail.