Wenn die Sozialdemokraten zum Flohmarkt einladen, kommen 25 000 Menschen in die Harburger Innenstadt

Harburg. Es war 3 Uhr in der Früh, die Stadt lag noch im Dunkeln, da klingelte bei Familie Grimme in Rönneburg der Wecker. Während andere Familien im Hamburger Süden an diesem Sonntag ausschliefen, war für Familie Grimme Großeinsatz angesagt: der SPD-Flohmarkt in der Harburger Innenstadt wartete, und da wollten Onno, 44, und Sabine Grimme, 42, und deren Söhne Kai, 13, und Tom, 9 dabei sein.

Kurz vor 4 Uhr fuhren sie zu Hause los und bauten ihre Sachen auf ihrem Stammplatz vor dem Fischgeschäft Mimi Kirchner am Sand auf. Seit den 90er Jahren bietet Familie Grimme hier Sachen an, die sie nicht mehr brauchen und in einer Abstellkammer lagern. Ein Schwerpunkt ihres Angebotes: Spielzeug, Kinderbücher und Kinderkassetten. "Wenn man drei Kinder hat, kommt in den Jahren ganz schön was zusammen", analysierte Onno Grimme - Sohn Steffen, 15, war zu Hause geblieben.

So boten die Grimmes an diesem Flohmarktsonntag in Harburg Lego-Fahrzeuge, "Was-ist-was"-Bücher und Kassetten von Bibi und Tina, Biene Maja, Pipi Langstrumpf und den "drei ???" an. "Freunde geben uns oft ein paar Kassetten mit", sagte Onno Grimme, "die haben keine Lust, so früh morgens auf dem Flohmarkt zu stehen."

Um 12 Uhr zog Vater Onno das erste Mal Bilanz: "Im Vergleich zum Vorjahr läuft es sehr schleppend. In den letzten Jahren war hier von den Ständen und vom Publikum her mehr los." Nach Angaben der Veranstalter kamen am Sonntag rund 25 000 Menschen auf den Flohmarkt rund um den Sand.

Noch früher aufgemacht hatten sich Mara, 12, und Ronja Conrad, 17, und deren Freundin Sarah Opitz, 11, aus Harburg. Sie reservierten ab Sonnabend, 23 Uhr, ein überdachtes Areal vor dem Laden Postenland auf dem Sand, stellten ihren Tapeziertisch und ein paar Stühle auf und positionierten ein paar Koffer. Ronja machte die Nacht über gar kein Auge zu und "chillte" bei Käsekuchen und Prosecco mit zwei Freundinnen und einem Freund. Mara und Sarah ruhten sich derweil ein wenig in Schlafsäcken aus.

"Unsere Kinder machen das freiwillig", sagten deren Mütter Cordula Conrad, 39, und Britta Opitz, 40, als sie um vier Uhr zu der etwas müden Truppe stießen und die Flohmarktware aufbauten.

Schon am Freitagnachmittag hatten einige Harburger versucht, ihre Stände mit Klebestreifen und Kreide abzustecken. Auch Cordula Conrad und Britta Opitz hatten versucht, sich am Sonnabendnachmittag ein schönes Plätzchen zu sichern, aber als die Kinder dann auf den Sand kamen, hatte ein anderer Mann seinen Namen auf die avisierte Fläche geschrieben. "Da mussten wir umdisponieren", sagte Cordula Conrad, "unsere Kinder sollten ja keinen Stress bekommen."

Auch Liselotte Gregar, 70, aus Harburg hatte sich schon um 4 Uhr am Sonntag ein adäquates Plätzchen an der Bushaltestelle Harburg-Rathaus am Harburger Ring gesichert. So konnte sie ihre Jacken am Bushaltestellendach aufhängen. "Ich bin Rentnerin, Flohmärkte sind mein Hobby", sagte die Harburgerin, deren Verkaufsgebiet von Neu Wulmstorf bis Jesteburg reicht. Das frühe Ausstehen mache ihr keine Probleme - "ich kann dann ja in der Woche ausschlafen."

50 Genossen aus dem Süderelberaum sorgten derweil für einen reibungslosen Ablauf des Flohmarktes. Die freiwilligen Helfer waren von 3 Uhr bis 19 Uhr in Aktion. "Leider lassen viele Leute ihren Müll zurück", sagte der Harburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Sören Schumacher, 34. "Den müssen wir dann ab 16.30 Uhr zusammensammeln", ergänzte der Bürgerschaftsabgeordnete aus Süderelbe, Thomas Völsch, 52.

Am politischen Info-Bus der Sozialdemokraten auf dem Sand kamen einige Harburger mit SPD-Politikern ins Gespräch. Themen waren der Verkehr auf den Bundesstraßen 73 und 75, Probleme mit der Arbeitsagentur und Fahrten zum Reichstag nach Berlin.

Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Hans-Ulrich Klose war aus familiären Gründen verhindert. "Dies ist die größte SPD-Veranstaltung in Hamburg", bilanzierte der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Hamburgischen Bürgerschaft, Michael Naumann, 40. Man komme mit den Leuten "gut ins Gespräch, das ist nicht so krampfig, wie wenn wir einen Info-Stand vor einem Penny-Markt aufbauen, da wird der Bürger nervös."