Nach dem Vortrag der Verwaltung im Ordnungsausschuss fordern SPD und Grüne lückenlose Aufklärung

Winsen. Die Kreisverwaltung des Landkreises Harburg mauert weiter im Fall Slawik C.. Der Flüchtling aus Jesteburg hatte sich am 2. Juli in Abschiebehaft in der Justizvollzugsanstalt Hannover-Langenhagen in seiner Zelle erhängt und so seine Abschiebung nach Armenien verhindert (das Abendblatt berichtete mehrfach). Der 58 Jahre alte Familienvater war in der Ausländerbehörde im Kreishaus verhaftet worden, als er seine Duldung verlängern lassen wollte.

Die Fraktion der Grünen im Kreistag hatte den Fall Slawik C. in der öffentlichen Sitzung des Ordnungsausschusses auf die Tagesordnung gebracht, gegen den Widerstand der Kreisverwaltung. Die Fraktion wollte das Ergebnis der internen Prüfung des Vorgangs in der Ausländerbehörde erfahren. Ungeklärt ist nach wie vor, ob die Verhaftung rechtswidrig war und ob die Passersatzpapiere, mit denen die Ausländerbehörde den Mann nach Armenien abschieben wollte, die richtigen Papiere waren. Einen Prüfungsbericht gab es in der Sitzung allerdings nicht. Was dem Ordnungsausschuss von Friedrich Goldschmidt, Leiter des Bereichs Ordnung und damit verantwortlich für die Ausländerbehörde, in der Sitzung präsentiert wurde, war nichts Neues. Vielmehr trug Goldschmidt neue Widersprüche vor: "Die Passersatzpapiere, die man nun einmal braucht, um einen Flüchtling abschieben zu können, hat die Ausländerbehörde auf der Basis seiner eigenen Angaben zu seiner Identität über die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde in Lüneburg bei der armenischen Botschaft beantragt."

Armenien hatte bereits Papiere ausgestellt

In einer Pressekonferenz vor einigen Wochen hatte Landrat Joachim Bordt (FDP) noch gesagt, dem Antrag hätten nicht nur Slawik C.s Angaben beigelegen, sondern auch die vom Bundeskriminalamt (BKA) als falsch bezeichneten Angaben. Armenien hatte schon vorher im Zuge eines Personenfeststellungsverfahrens angegeben, Slawik C. sei Armenier und hatte Papiere für ihn ausgestellt. Das BKA stellte allerdings fest, dass allein das Lichtbild keinerlei Ähnlichkeit mit Slawik C. hatte. In der Pressekonferenz hatte Bordt angekündigt, er verlange von Lüneburg und von der armenischen Botschaft nun Aufklärung darüber, auf welcher Basis die endgültigen Passersatzpapiere ausgestellt worden seien, auf der Basis der richtigen oder der falschen Datensätze. Davon war jetzt keine Rede mehr.

Friedrich Goldschmidt schilderte dem Ausschuss noch einmal kurz den Hergang des Falls, : Der Asylantrag der Familie, die bei ihrer Einreise 1999 keine Papiere besessen habe, sei abgelehnt worden. Daraufhin sei festgestellt worden, dass zumindest für die Eltern kein Hinderungsgrund für eine Abschiebung bestanden habe. Die aserbaidschanische Botschaft habe eine Anfrage nach Passersatzpapieren verneint. Also habe sich die Behörde an die armenische Botschaft gewandt.

Diese Darstellung Goldschmidts enthält allerdings einen Fehler: Der Asylantrag der Familie C. wurde noch im Jahr 1999 vom Bundesamt für Asylangelegenheiten anerkannt. Das Amt hatte also anerkannt, dass die armenischen Volkszugehörigen in Aserbaidschan an Leib und Leben gefährdet seien.

Das Verwaltungsgericht hob die Asylanerkennung auf

Erst der Bundesbeauftragte, ein Angestellter des Bundesinnenministeriums, erhob gegen diese Entscheidung Klage. Und das Verwaltungsgericht hob dann im Jahr 2002 die Anerkennung auf. Nach Ansicht der Richter würden diese Menschen in Aserbaidschan zwar diskriminiert, müssten aber nicht Angst um ihr Leben haben.

Inzwischen existiert das Amt des Bundesbeamten nicht mehr, weil die Verantwortlichen in Berlin verhindern wollten, dass eine Bundesbehörde Entscheidungen einer anderen Bundesbehörde torpediert.

Auch nach dieser Sitzung bleiben viele Fragen zum Fall Slawik C. offen. Goldschmidt räumte lediglich ein, dass "auf den ersten Blick vielleicht einiges ungereimt klingt, aber Vermutungen darüber, was schief gelaufen sein könnte, helfen uns da auch nicht weiter". Monika Dicke von den Grünen machte deutlich, dass die Zweifel ihrer Fraktion an der korrekten Arbeit der Ausländerbehörde auch nach diesen Erklärungen von Goldschmidt nicht ausgeräumt seien. Die Grünen und die SPD im Kreistag und im Landtag haben bereits angekündigt, auf beiden politischen Ebenen weiterhin eine lückenlose Aufklärung zu fordern.

"Mich macht es sehr betroffen, wie mit diesen Menschen umgegangen wird. Und ich kann nicht verstehen, dass Christen andere Christen in Länder abschieben, in denen diese nichts Gutes erwartet. Dieser Mann hat gewusst, was ihn in Armenien erwartet, und hat wohl lieber den Freitod gewählt", sagte SPD-Fraktionsmitglied Gustav Schröder.