Es geht um Lärmschutz für das Umfahrungsgleis des Rangierbahnhofs

Stelle. Keine Gemeinde im Landkreis Harburg ist mehr vom Bahnbetrieb betroffen als Stelle. Der Bau des sogenannten dritten Gleises zwischen Stelle und Lüneburg und eines vierten Gleises zwischen Stelle und Ashausen verwandelt weite Teile des Ortes über Jahre in eine Großbaustelle. Kein Tag vergeht im Rathaus, an dem es nicht um das dritte oder vierte Gleis geht. Man kennt sich aus zahllosen Gesprächen: Deutsche-Bahn-Projektleiter Stephan Albrecht auf der einen Seite und Stelles Umweltbeauftragter Dietrich Westphal und Bauamtsleiter Robert Isernhagen auf der anderen Seite. Jetzt droht Krach zwischen ihnen - wegen des Krachs.

Die Gemeinde Stelle erwägt wegen des Betriebs des geplanten Umgehungsgleises für den Rangierbahnhof Maschen gegen die Deutsche Bahn vor Gericht zu ziehen. Stelle will Lärmschutz für etwa 500 betroffene Bürger in der sogenannten "Jesteburger Kurve". So wird der etwa 600 Meter lange Gleisabschnitt im Steller Westen genannt, den die Güterzüge passieren, um über das Umgehungsgleis zu rollen. 40 Hektar des größten Rangierbahnhofes Europas liegen auf Steller Gemeindegebiet.

Trotz der 70 Einwender aus Stelle im Planfeststellungsverfahren zum Bau des Umgehungsgleises: Die Deutsche Bahn denkt nicht an Lärmschutzwände entlang der "Jesteburger Kurve". Das Unternehmen sieht das Recht auf seiner Seite. Einen Anspruch hätten die betroffenen Bürger nur, wenn die Bahn neu baue oder die Nutzung des Gleises verändere. Beides, so die Position der Deutschen Bahn, sei nicht der Fall.

Die Gemeinde Stelle ist anderer Ansicht: Sie bezweifelt, dass nach dem Bau des Umgehungsgleises nur genauso viele Züge die Jesteburger Kurve passieren werden wie heute. Das behauptet die Deutsche Bahn. Konkret seien das 90 Züge am Tag und 45 Züge in der Nacht.

Stelles Umweltbeauftragter Dietrich Westphal kann sich nicht vorstellen, dass die Anzahl der Gütezüge auf der Strecke konstant bleiben soll. Tatsächlich spricht die Deutsche Bahn in ihrem Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren von "kontinuierlich steigenden Transportströmen der Seehafenhinterlandverkehre", die den "Ausbau wichtiger Verkehrsrelationen" zwingend erfordere. So mag im Steller Rathaus niemand so recht daran glauben, dass die Deutsche Bahn etwa 55 Millionen Euro in das Umgehungsgleis investiert, lediglich um den vorhandenen Verkehr auf dem Rangierbahnhof flüssiger laufen zu lassen.

Im Spätherbst wird der Planfeststellungsbeschluss, sozusagen die Baugenehmigung für das Umgehungsgleis, erwartet. 2012 soll das Gleis fertig sein. Die Gemeinde Stelle hat sich die Dienste des Rechtsanwaltes Michael Günther gesichert. Der Neuenfelder ist dafür bekannt, große Verkehrsprojekte stoppen oder verzögern zu können. "Wir werden klagen, wenn Aussicht auf Erfolg besteht", sagt Stelles Bürgermeister Joachim Wilcke (CDU). Das sei die Gemeinde ihren Bürgern im Nahbereich der Bahn schuldig.