Ehemaliger Palmspeicher im Binnenhafen wird zum futuristischen Hightech-Essentempel. Speisen und Getränke kommen auf Schienen daher.

Harburg. Im ehemaligen Palmspeicher an der Schloßstraße 22 wird seit Tagen gewerkelt. Dort wird Ende August das Restaurant "Schwerelos & Zeitlos" eröffnen. Auf der Baustelle ist es jetzt schon spannend: Wenn Christian Steinbach, 43, eine Bierflasche in eine Art Aufzug setzt und festmontiert, halten die Tischler, Maler und Elektriker den Atem an. Dann drückt Steinbach einen grünen Knopf und die Bierflasche gleitet auf einem Schienensystem langsam in luftiger Höhe durch den 380 Quadratmeter großen Raum und läuft am Ende wie auf einer Achterbahn in Spiralen zu einem Tisch. Ein Bauarbeiter hält den Daumen hoch, "hat geklappt", und öffnet den Kronkorken. Das Bier ist am Ziel. Erstmals und einmalig in Hamburg werden hier künftig Speisen und Getränke über Schienen serviert.

Bereits seit einem Jahr trägt sich Gastronom Christian Steinbach, der in Norderstedt das Lokal "Alter Reporter" betreibt, mit der Idee für den futuristischen Hightech-Essenstempel. Erfunden hat diese ungewöhnliche und weltweit einmalige Speisentransport-Lösung der Nürnberger Tüftler Michael Mack. "Ich hatte zu Hause recht aufwendig gekocht und mich dann geärgert, dass die vielen Schüsseln, Teller und Getränke nicht automatisch ins Esszimmer gelangen. Das war dann die Initialzündung für die Erfindung des Achterbahnsystems", berichtet Mack dem Abendblatt.

Und das geht so: Die Gäste geben ihre Bestellungen an einem Tisch per Computer mit Touchscreen an die Küche weiter. Menüs werden aus der Küche in kleinen Töpfen mit einem Mini-Aufzugs zunächst in die Höhe gebracht, um von dort auf einer Rollerbahn mit geringem Gefälle via Spirale über dem Tisch einzuschweben. Bestecke, Teller und Gläser befinden sich an den 17 Tischen. Sind alle 220 Plätze besetzt, sausen Töpfe und Flaschen etwa fünf Meter über die Köpfe der Gäste hinweg: "Bei Volllast können die Speisen 16-mal in der Minute auf den Weg geschickt werden", sagt Steinbach. Besonderer Hingucker ist ein sogenannter "Multiwendel", bei dem die Schienen für drei Tische um eine Säule herumgeführt werden. Abgeräumt wird allerdings auf gewohnte Weise, per Manpower.

Die Auf- und Umbauten im Palmspeicher waren nicht billig für Steinbach. "Etwa eine Million Euro habe ich hier investiert." Außerdem hat er dafür gesorgt, dass kein anderer Gastronom in der Hansestadt ein Achterbahn-Lokal eröffnen kann, denn er hat sich die alleinige Lizenz gesichert.

Es gibt indes nicht nur den schwerelosen Bereich in seinem Restaurant. Zum Konzept gehört auch eine Lounge und Bar sowie ein Sommergarten - jeweils mit klassischem Speisentransport mit Tablett und Kellner.

Steinbach glaubt fest daran, dass sein neuartiges Restaurant im Binnenhafen Erfolg hat. "Nur hier in Harburg können solche Ideen laufen, denn hier im Hamburger Süden geht noch was. Es wird an allen Ecken und Enden modernisiert", sagt er. Fast gegenüber entsteht das Quartier "Harburger Brücken", 2012 läuft auch auf der Schlossinsel die Bundesgartenschau und zieht Besucher nach Harburg. Bis diese Bauvorhaben fertig sind, wollte Steinbach jedoch nicht warten. Er hat deshalb eine touristische Marketing-Idee für "Schwerelos & Zeitlos" erarbeitet, die Besucher von jenseits der Elbe schnell und schick zum Dinieren in den Binnenhafen locken soll. "Wir haben doch hier den tollen Schiffsanleger. Barkassen sollen unsere Gäste von den Landungsbrücken aus im Rahmen einer kleinen, feinen Hafenrundfahrt direkt zum Restaurant bringen." Eigentlich sollte das Bauunternehmer Arne Webers altes, schmuckes Helgoland-Seebäderschiff "Seute Deern" erledigen, das bis vor kurzem fast direkt vorm Palmspeicher lag und jetzt am Ziegelwiesenkanal festgemacht hat. "Leider kommt die 'Seute Deern' nicht unter der Kattwyk-Brücke durch, so dass wir uns da um Öffnungszeiten bemühen müssten. Wenn wir Barkassen einsetzen, haben wir das Problem nicht", so Steinbach.

Einen Küchenchef hat Steinbach auch schon eingestellt, denn seine Gäste sollen "Schwerelos & Zeitlos" nicht nur wegen der ausgeklügelten Servier-Technik, sondern auch aufgrund des kulinarischen Erlebnisses in guter Erinnerung behalten. So bereitet Koch Ferry Dahlmann, der zuvor im "Baseler Hof" und im Hotel "Atlantik" tätig war, unter anderem Pannfisch, Labskaus, Tafelspitz und geschmorte Lammkeule zu.

Dass Besucher bereits bei der Bestellung vor Computer und Touchscreen kapitulieren, befürchtet er nicht. "Unser Personal hilft gern, wenn es Schwierigkeiten geben sollte. Außerdem sind die Geräte dank der einfachen Software einfach zu bedienen." Spätestens am 25. August muss alles perfekt funktionieren. Denn dann haben sich schon die ersten Gäste angesagt.

www.schwerelos-zeitlos.de