Thomas Marten aus Ohlendorf baut die Situation von 1955 im Maßstab 1:160 nach

Marmstorf. Wer am Wochenende den Schützenhof Marmstorf betrat, fühlte sich ungefähr so wie Gulliver im Land der Zwerge. Überall ratterte und surrte es, Miniaturzüge rauschten über 180 Meter verlegte Gleise, aus detailgetreu nachgebauten Fabrikschornsteinen stieg weißer Rauch auf. Die Welt im Maßstab 1:160 - zu erleben auf den ersten Marmstorfer Modellbahn-Tagen.

"Die Idee zu dieser Ausstellung ist aus einer Bierlaune heraus entstanden", so Thomas Marten. Der 49 Jahre alte Ohlendorfer ist ziemlich "Modellbahn verrückt" und Mitglied der "N-Bahn-Freunde Nord". Zehn Gleichgesinnte treffen sich regelmäßig in ihren Räumen in Marmstorf, um ihren Hobby nachzugehen: dem Eisenbahn-Modellbau.

"Bisher haben wir in Bremen oder auf den Hamburger Modellbautagen ausgestellt, aber die gibt es nicht mehr. Also haben wir beschlossen, dass wir gemeinsam eine Ausstellung auf die Beine stellen."

Das ist möglich, da alle Module der Vereinsmitglieder in der Größe Spur N, das heißt neun Millimeter Spurbreite, an den Übergangsstellen genormt sind. Und so lassen sich die Module zu einem großen Ganzen zusammenfügen.

Da gab es das Bahnbetriebswerk Altona zu sehen oder die Norderelbbrücken. "Ich arbeite seit November letzten Jahres am Harburger Bahnhof", sagt Thomas Marten. Ein ehrgeiziges Projekt, das der Mann mit Liebe zum Detail auf fünf Jahre angelegt hat. Eineinhalb Jahre habe er vor Baubeginn recherchiert, mit Zollstock und Block bewaffnet das Harburger Bahnhofsgelände ausgemessen, alte Fotos ausgewertet und mit Zeitzeugen gesprochen. Denn Thomas Marten hat sein Projekt in der Zeit um 1955 angesiedelt, bevor die großen Rückbaumaßnahmen begonnen wurden, wie er sagt.

80 Meter Gleise hat er schon verlegt, 60 Weichen angebracht und Signale eingebaut. "Jetzt fange ich an, mich von Hamburg kommend durch den Bahnhof vorzuarbeiten", so Thomas Marten. Das Bahnhofsvorfeld an der Hannoverschen Straße ist bereits zu erkennen.

Das wichtigste Arbeitsutensil des Bastlers: Die Pinzette. Was man sonst noch für sein Hobby braucht? Vor allem eine ruhige Hand und viel Geduld. Eine Modelleisenbahn ist nie fertig, sagt er. Die Bahnhofshalle, das Lager, die Unterkünfte und das Mittelstellwerk wird er von Hand bauen. "Einen Bausatz aus den 50er-Jahren gibt es nicht", sagt er. Dafür rechnet er die Gebäudeflächen um, malt sie auf Polystyrolplatten, sägt die aus und beklebt sie mit Mauerfolie.

Eine unglaubliche Fleißarbeit, bei dem ihm jedes Detail wichtig ist - zum Beispiel bei den Gleisen: Oben, wo der Zug fährt, glänzen sie metallisch, unten, nahe dem Kiesbett, hat der Eisenbahn-Liebhaber mit einem Pinsel Millimeter für Millimeter eine Rostpatina aufgetragen.

Woher der Betreiber einer Garten- und Landschaftsbau-Firma die Zeit für sein aufwendiges Hobby nimmt? "Die Sonnabendnachmittage gehören dem Modell", sagt er. Aber erst nachdem er morgens mit seiner Frau den Haushalt gemacht habe - das ist ihm wichtig zu betonen. Seine Familie stehe da hinter ihm. Sein Sohn Christopher ist mit sieben Jahren sogar das jüngst Mitglied der "N-Bahn-Freunde Nord." Vielleicht hat der sogar Lust, seinen Vater bei seinem nächsten großen Projekt zu unterstützen: Den alten Bahnhof Unterelbe. Aber bis es soweit ist, gehen noch tausende Bastelstunden ins Land.