Peter Kottkes 139 Jahre alter Laden muss bald den Binnenhafen-Plänen weichen

Harburg. "Peter, machst du mir mal ne Wurst?" Manfred Lepka steckt seinen Kopf in das kleine Fenster, um mit seiner Stimme gegen den Verkehrslärm anzukommen. Er stellt seine braune Tasche auf den kleinen Bistro-Tisch neben der Selterbude ab, während Peter Kottke das Wasser heiß macht. Oft hält Manfred Lepka nach Feierabend am "Kiosk Blohmstraße".

Wenn er fertig ist mit seiner Arbeit gleich nebenan auf dem Bauhof der Firma Burmester, stärkt er sich gern mit einer Wurst im Stehen, bevor er sich weiter auf den Heimweg macht. Wie lange Manfred Lepka hier noch seinen Imbiss nehmen kann, ist ungewiss. Fest steht jedoch, dass Peter Kottke (69) Ende letzten Jahres die Kündigung mit Wirkung zum 31. Dezember 2009 bekommen hat. Hamburgs ältestem Kiosk in der Blohmstraße, Ecke Kanalplatz im Harburger Binnenhafen droht der Abriss. "Wenn ich endgültig gehen muss, passiert das ruckzuck", sagt Peter Kottke, "ich habe dann vier Wochen Zeit, meine Zelte hier abzubrechen."

Seit 139 Jahren gibt es den "Kiosk Blohmstraße" an markanter Stelle als Anlaufpunkt für Frühaufsteher, die sich ihre Tageszeitung herausholen oder ein Päckchen Zigaretten kaufen. Peter Kottke hat die Bude vor elf Jahren übernommen, nachdem er viele Jahre lang Wirt der "Marktklause" am Harburger Sand gewesen ist. Als "waschechter" Harburger - wie er sich selbst bezeichnet - kennt er seine Kundschaft und den Binnenhafen.

"Hier war ich oft als Kind, habe Kobra genascht und kenne jede Ecke." Für seine Kunden steht er jeden Morgen um 3 Uhr auf. Eine Stunde Zeit hat er bis zum Öffnen seines Kiosks. Belegte Brötchen und frisch aufgebrühter Kaffee sind dann fertig. Die "Schotten dicht" macht er um 16 Uhr.

"Wer Zeit hat, bleibt länger auf einen Schnack stehen", sagt Kottke, "man kennt sich. Mein Kiosk ist ein Treffpunkt für viele, die hier Pause machen." Im Sommer steht die Seitentür offen. "Da muss ich durchlüften. Die Bude ist gerade mal sechs Quadratmeter groß, da staut sich die Hitze. Manchmal ist es hier bei 42 Grad wie im Brutkasten."

Doch egal, wie heiß oder kalt - die Kündigung, die die Sprinkenhof AG für das Liegenschaftsgrundstück ausgesprochen hat, ist neben dem Wetter oft Gesprächsthema. Peter Kottke vermisst bereits einige kleinere Firmen im Harburger Binnenhafen. Der Imbiss in der Nähe an der Nartenstraße zum Beispiel war innerhalb von zwei Tagen vom Erdboden verschwunden. Nur "schweren Herzens" würde Peter Kottke seinen "Kiosk Blohmstraße" verlassen, wenn er muss. Die Planungen sind nach Auskunft der Finanzbehörde und Bezirksamtes im Gange. Gekündigt wurde allen auf der Liegenschaft Blohmstraße ansässigen Mietern. Das Planungsrecht trete jedoch erst in Kraft, wenn der Binnenhafen im August oder September endgültig aus dem Hafengebiet entlassen werde.

Sollte Hamburgs ältester Kiosk an der Blohmstraße nicht in die Zukunftspläne einbezogen werden, wird für Peter Kottke ein neues berufliches Kapitel beginnen. "Ohne Beschäftigung kann ich nicht gut leben", sagt er, "ich will etwas tun. Mit 69 Jahren - da ist doch für mich längst noch nicht Schluss."