Harburgs Bezirksamtsleiter will “Sauftourismus“ vor dem Rathaus einen Riegel vorschieben

Harburg. Als sich Abendblatt-Leserin Helga Gericke vor einigen Tagen während der Bürgerfragestunde in der Bezirksversammlung über die Trinkerszene auf dem Rathausplatz beschwerte, hörte Manfred Schulz, SPD, Vizepräsident des Gremiums, aufmerksam zu. Gericke äußerte unter anderem, Angst vor Übergriffen der Alkoholiker zu haben.

Nie hätte Schulz damals gedacht, selbst einmal Opfer einer massiven Belästigung von einem der Trinker zu werden. Doch kürzlich, als er an einer Mahnwachen-Aktion vor dem Rathaus teilnahm, war es soweit. "Einer aus der Säufer-Gruppe wurde aufdringlich und nervte einen Polizisten", berichtet Schulz. Als der Beamte dem nicht weiter Beachtung schenkte und abzog, war Schulz an der Reihe. "Der Mann kam immer wieder auf mich zu, fing dann an, mich zu bedrohen."

Er behauptete, ehemaliger Angehöriger einer Kampftruppe der Ex-DDR-Armee zu sein und baute sich direkt vor Schulz auf. "Mag ja sein, dass er nur seinen Kumpels imponieren wollte, aber genauso gut hätte er ein Messer zücken können." Darauf wollte Schulz nicht warten. "Ich sagte ihm, dass ich nun die Polizei rufen würde und zückte mein Handy." Das zog. Der Betrunkene trollte sich. "Ich kann mir vorstellen, dass viele Bürger den Rathausplatz wegen dieser offenbar aggressiven Säufer meiden. Das kann nicht sein", so Schulz. Deshalb plädiert der Hausbrucher für ein Alkoholverbot und für die Einrichtung eines Trinkerraums nach dem Kieler Modell. "Man kann alles auf den Weg bringen, wenn man nur will."

Wie berichtet, wurde in Schleswig-Holsteins Hauptstadt ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen ausgesprochen sowie ein Raum für die Trinkerszene eingerichtet. Dort können sich Alkoholabhängige treffen, Bier trinken und Hilfe für Wege aus der Sucht erhalten, wenn sie dies wollen. Schulz zweifelt außerdem den Erfolg der aufsuchenden Sozialarbeit an. Laut Beschluss der Bezirksversammlung sollen Sozialarbeiter zu den Trinkern geschickt werden, um sie zu betreuen. Doch bei diesem Thema gibt es ganz andere Probleme. "Wir wollten, dass das Projekt aufsuchende Sozialarbeit schon im August gestartet wird", so Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg.

Träger soll die Beschäftigungsgesellschaft Passage sein. Doch bislang habe man noch keinen Mitarbeiter gefunden. Dabei will Meinberg es jedoch nicht belassen. Denn der Handlungsdruck nimmt zu. "Bürger, Firmen, die die Grünanlagen auf dem Rathausplatz betreuen sowie der Wirt des "Dubrovnik" haben sich bei mir über die Trinker beschwert. Wir prüfen unter anderem, ob Auflagen an die Kioskbesitzer gemacht werden können, keinen Schnaps an sichtbar Alkoholisierte zu verkaufen." Außerdem will der Verwaltungschef erheben lassen, woher die Trinker kommen.

"Es hat sich in Harburg wohl eine Art Sauftourismus etabliert. Diese Leute kommen von jenseits der Elbe hierher." Und damit es nicht mehr ganz so gemütlich ist, sollen die Bänke in der Nähe der Julius-Ludowieg-Straße weg. Außerdem: "Auch über ein Alkoholverbot auf dem Rathausplatz denken wir nach."