Auf dem Versuchsfeld in Holtorfsloh werden neue Getreidesorten auf Ertrag und Widerstandsfähigkeit getrimmt

Holtorfsloh. Treffpunkt an den zwei Buchen gegenüber der Einfahrt zur Kiesgrube. So steht es auf der Einladung. Straßennamen gibt es hier nicht mehr. An Ende des Horizonts rauschen die Autos auf der Autobahn 7 in die Richtungen Hamburg und Hannover. Willkommen im Irgendwo nahe des 254-Seelen-Dorfes Holtorfsloh in der Gemeinde Seevetal. Hier forscht die Landwirtschaftkammer Hannover nach den ertragreichsten Getreide- und Weizensorten. Und nach dem wirkungsvollsten Pflanzenschutz-Cocktail für den Winterweizen.

Etwa 2,5 Hektar groß ist das Versuchsfeld Holtorfsloh, aufgeteilt in viele kleine Parzellen. Kein Schild weist auf den besonderen Acker hin. Die sogenannten Landessortenversuche laufen hier aber schon seit mehr als 20 Jahren. Holtorfsloh ist das größte Versuchsfeld im Landkreis Harburg. Testpflanzungen gibt es noch in Nenndorf, hier steht der Raps im Fokus, und in Klecken.

Früher habe es mehr Versuchsfelder gegeben, sagt Versuchsstationsleiter Klaus-Dieter Schlichtmann. Den Agrarwissenschaftlern geht es nicht anders als vielen anderen Branchen: Pflanzen und Personal wurden wegrationalisiert.

Knapp 30 Landwirte und Pflanzenzüchter sind in diesem Jahr der Einladung gefolgt, das Versuchsfeld bei Holtorfsloh zu besichtigen. Die Sonne brennt, kein Schatten weit und breit. Bei mehr als 30 Grad machen sie sich ein Bild davon, wie sich die Kälte auf die Winterfestigkeit des Getreides ausgewirkt hat. Versuchsstationsleiter Schlichtmann und seine Mitarbeiter referieren knapp die Ergebnisse der Landessortenversuche für Wintergerste und Winterweizen.

19 Sorten Wintergerste wachsen in kleinen Parzellen nebeneinander um die Wette. Lustige Namen hat sich die Agrarindustrie für sie ausgesucht: "Metaxa" gilt als Spitzenpflanze in der Region, macht aber nicht betrunken. Und "Hobbit", eine in diesem Jahr eingeführte Sorte, ist auch nicht kleiner als andere Halme. "Dieses Jahr war langweilig", sagt Schlichtmann, "wir hatten keine Sorte, die Schwächen zeigte." Schwach ist eine Gerste, wenn sie wenig Ertrag abwirft, die Halme schnell knicken und sie sich anfällig für Pilzbefall zeigt. Nur wenige Meter weiter sieht sich Weizensorte "Boomer" gleich elf verschiedenen Pflanzenschutz-Cocktails ausgesetzt. Auf Parzelle eins steht der Weizen ohne Chemiezusatz, der Pilzbefall ist hier am größten. Die "industriefreundlichste Sprühung", wie es ein Kammermitarbeiter scherzhaft sagt, also der größte Chemiecocktail, brachte jedoch auch nicht das beste Ergebnis. Mit Spannung schauen die Experten auf Parzelle fünf. Hier kommt das Mittel "Aviator" zum Einsatz. Ein Mittel, das der Bayer-Konzern erst im nächsten Jahr auf den Markt bringen wird. Die Ergebnisse sollen bis jetzt vielversprechend sein. Einen Top-Cocktail gibt es nicht, so einfach ist die Natur nicht. Nur so viel: Die Landwirtschaftskammer empfiehlt eine Spritzfolge, keine Einfachbehandlung.

Zum Wochenende beginnt die Getreideernte. Kreislandwirt Willy Isermann wünscht sich bis dahin "Regen, keine starken Fälle, sondern so 30 Millimeter, etwa 16 Stunden lang."