Jetzt haben die Elbinselbewohner ungehindert Zugang zum Spreehafen

Wilhelmsburg / Veddel. Die beiden blau umrahmten Durchgänge im drei Meter hohen Zollzaun am Spreehafen in Wilhelmsburg und auf der Veddel sind eine kleine Sensation: Fast 120 Jahre lang konnten die Wilhelmsburger und Veddeler hier nicht ans Wasser gehen. Denn der Spreehafen gehört zum Freihafen und ist Zollausland. Der "Eiserne Vorhang" soll verhindern, dass Waren aus dem Freihafengebiet geschmuggelt werden.

An diesem Sonntag um 14.30 Uhr wird Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) im Rahmen des von der Internationalen Bauausstellung (IBA) und dem Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg organisierten Spreehafenfestes an der Hafenrandstraße dauerhaft den Zollzaun zum Spreehafen öffnen. Dies ist ein besonderer Verdienst des Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg, der seit 2001 das Spreehafenfest organisiert und für die Demontage des Zollzaunes gekämpft hatte. Auch die Internationale Bauausstellung (IBA) war stets dafür, dass der Zollzaun entfernt wird. "Das deutlichste Symbol der Ausgrenzung eines ganzen Stadtteils ist der Zollzaun am Spreehafen", sagte IBA-Chef Uli Hellweg 2007. Auch der Hamburger Senat hatte mitunter dafür plädiert, dass der Zollzaun wegkommt.

Im Dezember 2009 endlich hatte der schwarz-grüne Senat die Aufhebung der Freizone zum 1. Januar 2013 beschlossen und im Februar 2010 beim Bundesfinanzministerium beantragt - das wäre das Ende des Freihafens. "Die Öffnung des Zollzauns ist eine zentrale Maßnahme im Rahmen des Sprungs über die Elbe, mit der die Bewohner Wilhelmsburgs und der Veddel ihren direkten Zugang zum Wasser zurückbekommen. Ich freue mich, dass wir so schnell eine dauerhafte Öffnung des Zollzauns erreichen konnten. Jetzt gilt es, den Zaun bis 2013 ganz abzureißen und den Spreehafen als Alster des Hamburger Südens erlebbar zu machen", sagt Senatorin Anja Hajduk.

Der Zollzaun ist jetzt rund 120 Jahre alt. Bereits in dem wunderschönen Buch "Hamburg und seine Bauten unter Berücksichtigung der Nachbarstädte Altona und Wandsbek" aus dem Jahre 1914 heißt es in Band 2 auf Seite 132 über den Zollzaun an der Harburger Chaussee: "Die Zollgrenze auf dem Lande lässt sich leichter schützen und die verhältnismäßig schmalen Eingänge sind besser zu übersehen. Die Grenzgitter bestehen im unteren Teil aus Wellblechtafeln, die so weit in den Boden hinabreichen, dass es unmöglich ist, selbst kleine Pakete darunter wegzustecken und so aus dem Freihafengebiet verschwinden zu lassen. Im oberen Teil sind starke eiserne Drahtgeflechte angebracht, deren Maschen den auf der Inlandseite hart am Gitter gehenden Zollwächtern einen Überblick über das angrenzende Freihafengebiet gestatten. Die Bekrönung bilden eiserne Spitzen und Abweiser, die ein Übersteigen des Gitters erschweren. Dieser Grenzschutz ist recht wirksam und vorzüglich geeignet, Schmuggler abzuschrecken."

Professor Michael Rothschuh, 64, vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg wertet die Öffnung der beiden Durchgänge zum Spreehafen als großen Erfolg: "Das ist ein großer Gewinn für die Bewohner der Elbinseln. Diese Öffnung ist der erste richte Schritt, die mentale Grenze zwischen Hamburg und Wilhelmsburg abzubauen."

Schlupftore in und aus dem Freihafen habe es aber schon immer gegeben: den Alten Elbtunnel, die Fähre von den St.-Pauli-Landungsbrücken zum Musical "König der Löwen" auf Steinwerder und den Durchlass an der Ernst-August-Schleuse. Rothschuh ist indes dafür, Teile des Zollzaunes als "Erinnerungsstücke" stehen zu lassen.

"Die Öffnung des Spreehafenufers ist ein gemeinsamer Erfolg der jahrelangen Bemühungen der Bürger der Elbinseln und des Senats", sagte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU), "von der Aufhebung der Freizone profitiert nicht nur die Hafenwirtschaft und -logistik - Hamburg insgesamt gewinnt neue Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten."

In einem ersten Schritt wurden zwei Durchgänge für Fußgänger und Radfahrer geschaffen: am Spreehafenknie in Höhe der Brücke über den Ernst-August-Kanal - gleich an der Hafenrandstraße nördlich des Stübenplatzes - sowie an der Harburger Chaussee, unweit der S-Bahnstation Veddel. Damit wird das Ufer am Spreehafen dauerhaft zugänglich. Ziel ist es, bis zur IBA 2013 den gesamten Zollzaun zu entfernen und das Ufer am Spreehafen als Freizeitfläche aufzuwerten.

Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) hat bereits zur Querung der Hafenrandstraße östlich der Veringstraße eine Fußgängerampel aufgestellt und zunächst einen provisorischen Zugang zum Ufer geschaffen. Ziel ist es, diesen als Verbindung zum Stübenplatz bis 2013 noch großzügiger zu gestalten.