Ein großer französischer Erzähler

Jacques Rivette ist ein Erzähler, der noch einmal das Wesen des großen europäischen Autorenkinos aufleben lässt. Eine leuchtende poetische Liebeserklärung an das Theater und die Schauspielkunst liefert er mit seinem Streifen "Die Viererbande" (La Sarrabande). Eine filmische Hommage, bei der es von der Leinwand förmlich nach roten Samtsesseln und dem modrigen Theatervorhang duftet. Seine Bildszenen setzt er mit einer anziehenden und ausgeklügelten Farbdramaturgie um: leuchtendes rot, gelb, blau - sein Film ist auch optisch betörend.

Und darum geht es in der "Viererbande": Fünf Freundinnen leben in einem alten, ziemlich zugewachsenem Haus mit Garten in einem Pariser Vorort - angeblich soll es sogar spuken - und absolvieren einen Schauspielkurs bei der rätselhaften Constance Dumas (Bulle Ogier), der besten Lehrerin ihres Faches. Die Mädchen sitzen im Café beisammen, sind auf jugendlicher Selbstverwirklichungssuche. Rivette schafft es, einen eigenen kleinen atmosphärischen Theaterkosmos um sie herum zu erbauen, der den Zuschauer in den Bann zieht.

Doch die Geschichte entwickelt sich schnell zum mysteriös-spannenden Krimi. Denn eines der Mädchen rutscht durch ihren neuen Geliebten in eine kriminelle Geschichte hinein und zieht die anderen nach und nach mit sich. Bald schleicht sich ein seltsamer Mann in das Leben der jungen Schauspielerinnen, spielt verschiedene Rollen und scheint nach etwas sehr Wertvollem auf der Suche zu sein. Rivette setzt auf die Kraft des "Spiel-im-Spiel", auf eingeschobene Theaterszenen, die seinen Plot kommentieren und lässt seine Zuschauer bis zu letzt über das, was eigentlich passiert ist, im unklaren. Rivette ist ein Regisseur, der noch verzaubern kann, der die große trügerisch-schöne Phantasmagorie auf die Leinwand bannt. Den französischen Kinofilm von 1988 gibt es neu auf DVD. Die Viererbande, flaxfilm, 16 Euro.