Dokumentarfilm über Nissenhütten am Freilichtmuseum Kiekeberg gezeigt

Ehestorf. Für einige der heutigen Rentner waren sie ein Stigma der Armut. Doch in der Nachkriegszeit, der Zeit großer Wohnungsnot, boten die Nissenhütten vielen Flüchtlingen auch große Linderung. In Zeiten des Wohlstands verschwanden die Behelfsunterkünfte aus Wellblech Stück für Stück. Die Bewohner, ehemalige Flüchtlinge und Kriegsversehrte, fanden feste Wohnungen, eine Heimat in der Fremde.

Was bleibt, ist die Erinnerung. An die Flucht, die Nachkriegszeit, den Neuanfang. Dokumentarfilmer Michael Rabe hat jetzt einen Film über das Leben in den Nissenhütten produziert. Am vergangenen Sonntag wurde er erstmals im Museum am Kiekeberg gezeigt. "Als die Fremde zur Heimat wurde" heißt er.

Zwei Fremde, deren Heimat Hamburg-Harburg wurde, erzählen im Film von ihren Erinnerungen. Sibylle Brodkorb kam 1948 von Breslau in das Nissenhüttenlager Hohestraße, die in Aschersleben geborene Liselotte Kotteck bewohnte ab 1948 mit ihrer Familie eine Nissenhütte in der Denickestraße. In einem anschließenden Gespräch fanden sie Zeit, mit anderen ihre Erinnerungen auszutauschen. Zum Glück, denn schließlich waren unter den rund 30 Gästen, die sich zur Filmvorführung eingefunden hatten, fast ausschließlich Zeitzeugen. Und diese sprachen. Über Fremde, Heimat Nachkriegszeit, eben eng verbunden mit den Nissenhütten.

"Am 7. Juli 1944 mussten wir aus Neumark raus.", erzählt Horst Wirth, der mit seiner Frau Bärbel und Sohn Wilfried zur Filmvorführung gekommen war. Und obwohl sein Leben schon längst andere Wendungen genommen hat, merkt man, wie bei ihm die Erinnerungen wieder lebendig werden. "Wir hatten nur Äpfel oder alte Kartoffeln zum Essen.", erzählt er mit belegter, leiser Stimme. Auch von Hunger, Krankheit und schließlich vom Ankommen in einer Nissenhütte in Friedland redet er. "Man gut, dass es wieder andere Zeiten gibt.", schließt Bärbel Wirth den Monolog ihres Mannes, als würde sie damit ein Buch zuklappen wollen.

Aber Liselotte Kotteck und Sibylle Brodkorb haben ihr Buch der Erinnerungen immer noch vor sich liegen. Scham und Ausgrenzung dominieren ihre Erzählungen "Als ich meinen Mann kennengelernt habe, bin ich bei der Verabschiedung in einen Hauseingang in der Eißendorfer Straße gegangen.". In einer Nissenhütte zu leben, sei nun mal ein Makel gewesen. Und Sibylle Brodkorb verteidigt sich auch heute noch: "Wir haben immer dafür gesorgt, dass alles bei uns sauber war." "Und "natürlich wurden wir auch ausgegrenzt.", fällt Kotteck ihr ins Wort. "Aber wir haben es ja schließlich geschafft, und dies ist nun mal unsere Geschichte."