Der EM-Spielführer von Matthias Popien

Der Ball ist das Zentrum des Fußballspiels. Alles rennt zu ihm, alles stürzt ihm nach, jeden versetzt er in Unruhe. Auch er selbst ist ständig in Bewegung. Von ein paar Ausnahmen abgesehen. Diese Ausnahmen heißen in der Fußballersprache "ruhende Bälle". Der Plural irritiert, ändert aber nichts an der Tatsache, dass nur mit einem Ball gespielt wird. Mit den "Bällen" sind Spielsituationen gemeint, in denen die Kugel für einen Freistoß oder einen Eckstoß hingelegt wird. Da ruht er dann, der Ball - und wirkt für die Reporter gerade deshalb besonders dämonisch. "Ruhende Bälle sind immer gefährlich", sagen sie.

Denn während der Ball im Schatten der Eckfahne verschnauft, sprinten die Verteidiger nach vorn und stellen sich dort auf, wo der Ball gleich hinfliegen könnte. Im Fußball ist vieles unvorhersehbar, nur der ruhende Ball eröffnet den Mannschaften die Möglichkeit, mit im Training einstudierten Spielzügen ein Tor zu erzielen.

Mit der Ball-Ruhe ist es schnell vorbei. Wenn sich alle Spieler postiert haben, wird der Eckstoß ausgeführt. Aus dem ruhenden Ball wird wieder eine Ruhestörung der besonderen Art. Alles stürzt ihm entgegen, jeden versetzt er in Bewegung.

Praxistipp: Verlangen Sie im Sportartikelgeschäft "ruhende Bälle". Sagen Sie, das solle ein Geschenk für die deutsche Nationalmannschaft sein, die könne solche Bälle gebrauchen: "Weil die für den Gegner gefährlicher sind als andere Bälle."

An jedem EM-Spieltag erklären wir Ihnen die eigenwilligen Regeln der Fußballsprache und sagen, wie Sie das Erlernte anwenden können