Gregor Adamczyk und Humberto Figueroa machen je zwei Master-Abschlüsse. Das Doppelstudium ist zeitintensiv und international.

Harburg. Gregor Adamczyk, 31, saß in München gerade an seiner Diplomarbeit, da klingelte das Telefon. Eine Mitarbeiterin der Firma tesa aus Hamburg-Eimsbüttel war am Apparat und fragte: "Haben Sie schon Pläne nach der Diplomarbeit?"

Gregor Adamczyk hatte bereits ein fünfmonatiges Praktikum bei tesa absolviert und hatte sich im Studium der Verfahrenstechnik an der Hochschule München auf Klebstoffe und Folien spezialisiert. Konkrete Pläne für die Zeit nach dem Studium hatte er noch nicht, und tesa unterbreitete ihm eine spannende Offerte: Er könne zweieinhalb Jahre lang an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) studieren, um dann zwei Masterabschlüsse zu machen: einen an der TUHH als Master of Science in Ingenieurwissenschaften und einen am Northern Institute of Technology Management (NIT) als Master in Technology Management.

Also ein technisches Studium und ein Management-Studium in einem Rutsch. Und das Beste: tesa würde 27 000 Euro für Studiengebühren und eine Wohnung im NIT-Gebäude auf dem Campus bezahlen.

Gregor Adamczyk hat das Angebot angenommen. Heute ist er einer von 30 Studenten von "Class 12" des NIT. Wenn alles weiterläuft wie bisher, wird er im August bei der Graduierungsfeier seinen schwarzen Hut in die Luft werfen und ein halbes Jahr später zwei Master-Abschlüsse in der Tasche haben. Und ziemlich sicher wird tesa ihm dann einen festen Arbeitsvertrag anbieten - Ingenieure mit Managementqualitäten sind hoch begehrt auf dem internationalen Arbeitsmarkt. Und schließlich hat tesa ja auch einen fünfstelligen Betrag für Gregor Adamczyk investiert.

Zurzeit sitzt der gebürtige Münchner gerade an seiner Studienarbeit über E-Commerce, also den elektronischen Handel. Nach dem Abi hat er erst mal Zivildienst geleistet im Münchener Innenstadt-Klinikum und Blutkonserven in die Notaufnahme und in Operationssäle gebracht.

+++ Neuer Bachelor für Ingenieure an der TU Hamburg-Harburg +++

Nach Harburg gekommen ist Gregor Adamczyk gemeinsam mit seiner Partnerin Katarina, 29. Beide haben in München Verfahrenstechnik studiert. Das Doppelstudium am NIT und an der TUHH ist eine sehr schweißtreibende Angelegenheit. Und eine internationale.

Schweißtreibend, weil die Studenten einen extrem vollen Wochenplan haben. Dazu gehören Wochenendseminare, Vorlesungen am Abend, eine "Spring School" - eine vierwöchige Frühlingsschule, wenn andere Studenten vorlesungsfreie Zeit haben - und danach eine vierwöchige Arbeit zum Studienalltag der Super-Studenten.

Und sehr international ist das Doppelstudium auf dem Harburger Campus. Am NIT wird nur auf Englisch gelehrt. Und die acht jungen Frauen und 22 jungen Männer der "Class 12" kommen aus China, Deutschland, Indien, Indonesien, Kamerun, Kasachstan, Kolumbien, Mazedonien, Mexiko, Nigeria, Panama und den USA. Nur ein knappes Drittel der Studenten sind Deutsche.

Eine Krise führte Humberto Figueroa Madinaveita, 30, aus dem Norden Mexikos nach Harburg: die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise, die auch in Lateinamerika zuschlug. Er kommt aus der 550 000-Einwohner-Stadt Torreon im Bundesstaat Coahuila. Nach dem Bachelor-Studium am Instituto Tecnologico y de Estudios Superiores de Monterrey hat er in Monterrey als Ingenieur bei der US-Firma Caterpillar, dem weltgrößten Hersteller von Baumaschinen, gearbeitet. Als die Krise kam, schlossen die US-Amerikaner ihr mexikanisches Werk, und Humberto Figueroa war seinen schönen Job los.

"Ich wusste erst einmal nicht mehr, was ich tun sollte", sagt der Mexikaner. Seine Schwester Cynthia, 26, hatte gerade einen Platz für das Doppelstudium am NIT und an der TUHH in "Class 11" bekommen, ihr Sponsor ist Procter & Gamble. So entschloss sich Humberto Figueroa in Hamburg Deutsch zu lernen. "Diese drei Monate waren die besten drei Monate meines Lebens", sagt der Mexikaner.

Zurück in Mexiko wurde ihm klar: "Ich muss wieder nach Deutschland gehen." So bewarb sich Humberto Figueroa für das Doppelstudium in Harburg. Rund 650 Bewerbungen bekam das NIT, jeder zehnte Bewerber wurde zum Interview auf dem Campus oder im Goethe-Institut seines Landes eingeladen. Humberto Figueroa bekam einen von 30 Studienplätzen. Sein Sponsor ist der Gabelstaplerhersteller Jungheinrich, bei dem er in Norderstedt auch schon ein Praktikum absolviert hat.

Humberto Figueroa und Gregor Adamczyk sind befreundet. Eine anwendungsbezogene Studienarbeit und zwei Masterarbeiten haben die beiden noch anzufertigen. Aber am 19. Mai werden sie mal kräftig durchatmen: Dann gucken sie das Super-Champions-League-Finale zwischen Bayern München und dem FC Chelsea.