Eine neue Konfliktlinie im Land ist entstanden: Die Bionade-Bourgoisie, vermögend, gut ausgebildet und empathisch, urban denkend, aber auf dem Lande lebend, hat den Landmann von nebenan als Feindbild entdeckt. Steigt er in die agrarindustrielle Hähnchenmast ein, wird aus einem einst guten Bauern schnell ein böser Geschäftemacher. Gegen Ställe für mit Antibiotika gedopten Küken formiert sich im ganzen Land eine Allianz von Nachbarn, Bürgerinitiativen und Tierschützern.

Ihre Motive sind unterschiedlich. Da gibt es Wutbürger, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes ihren naiven Irrglauben verteidigen, auf dem Land in den nächsten mindestens 150 Jahren in einer Art Ponyhof-Idylle leben zu dürfen. Sie sind leicht enttarnt: Sie fahren mit einer dicken Spritschleuder den Kindergarten an oder zum zehn Kilometer entfernten Bioladen. Das ist nicht wirklich überzeugend.

Redlicher sind die Tierschützer und alternativen Bauern. Ihnen geht es um Grundsätzliches. Sie hinterfragen eine Tierhaltung, die lebendigen Kreaturen Schmerzen zufügt und Lebensmittel unter massiver Antibiotikaschwemme hervorbringt.

Aber auch sie müssen Antworten liefern auf die Frage, ob denn nicht preiswertes Geflügelfleisch für die gesamte Bevölkerung nicht auch ein Wert an sich sei.

Und wie empathisch ist der Bionade-Bourgois mit dem Geringverdiener, der immerhin biologisch ein Artgenosse ist?