Die Elefantendamen Baby, Jumba, und Mala vom Zirkus Charles Knie kamen zur Brotzeit in die Harburger City. Tierschützer demonstrierten.

Harburg. Mal raus aus dem Alltagstrott: An diesem Vormittag dürfen die drei indischen Elefantendamen Baby, 46, Jumba und Mala, beide 41, einen kleinen Ausflug machen. Vom Schwarzenberg in Harburg ziehen die drei Zirkuselefanten mit ihren Dompteuren die Straße Am Schwarzenberg hinunter. Zwei Polizeiwagen eskortieren sie. Die Leitkuh Baby geht vorne weg, Jumba und Mala folgen ihr artig: Die Dickhäuter umfassen mit dem Rüssel jeweils den Schwanz der Vorderfrau. Das Ziel ist die Mühlenbäckerei Schmacke am Harburger Ring. Dort soll es ein kleines Elefantenfrühstück geben.

Die drei Elefanten gastierten bis Sonntag mit dem Zirkus Charles Knie auf dem Schwarzenberg in Harburg. Aber eigentlich gehören sie gar nicht richtig zum Zirkus. "Wir haben sie aus Italien engagiert", sagt Zirkussprecher Sascha Grodotzki. Die drei "Leihelefanten" sind in Italien im Circus Errani geboren. Riccardo Errani hat sie ausgebildet. Mit seinem Sohn Elvis Errani, 22, führt der 51-Jährige den Elefantentross an diesem Sonnabend durch Harburg.

Im Zirkus Charles Knie sorgen die drei Elefantendamen für frohe Gesichter bei den Zuschauern. Sie können auf einem Podest sitzen, sie werden beritten, Jumba und Mala legen sich auf den Boden und Baby steigt über sie hinweg, ohne sie zu berühren. Für Unterhaltung im Zirkus sorgen auch noch zwei Seelöwen, drei Kängurus und fünf Zebras. Raubtiere hat Charles Knie nicht mehr.

Ein Harburger Junge, der an diesem Tag früh aufgestanden ist, kann sich nicht einkriegen, als er die drei Elefanten die Straße heruntertrotten sieht. "Jan, guck mal, Elefanten!", ruft er seinem Freund zu. Die beiden müssen laufen, denn die Elefanten gehen, in Menschenschritten gemessen, sehr schnell.

Vor der Mühlenbäckerei reihen sich die drei Elefantendamen auf. Zwei Verkäuferinnen bringen vier Kästen mit hellem Brot, Feinbrot, Steinofenbrot und Krustenbrot - das ist in der vergangenen Woche nicht verkauft worden. Und dann geht es los mit dem Elefantenmampfen: Manche Brotlaibe verschlingen die Tiere ganz, an älteren Exemplaren haben sie kräftig zu kauen, und Brotteile fallen wieder auf den Boden. Etwa vierzig Schaulustige verfolgen das Elefantenfrühstück mit Fotoapparaten und Kameras. Tobias Blanquett ist extra aus Buxtehude angereist. "Ich bin ein Zirkus-Freund und habe schon mindestens 50 Vorführungen gesehen", sagt der 16-Jährige.Vor zwei Jahren hat er eine Zirkusreise durch Süddeutschland unternommen. Seinen Berufswunsch kennt er schon: "Ich möchte später einmal in der Verwaltung eines Zirkus' arbeiten."

Priscilla Errani, 26, und Guendalina Errani, 51, sind derweil auf Baby und Jumba gestiegen. Mala hinterlässt ihre Notdurft auf dem Asphalt. Das Treiben der Elefanten wird von drei Aktivisten der Tierschutzorganisation Vier Pfoten beobachtet: Yvonne Nottebrock, 39, aus dem Schanzenviertel, Martina Stephany, 30, aus Ottensen und Martin Rittershofen, 30, aus Altona. Sie sind mit einem Nissan-Transporter angereist, auf dem ein Elefant aus Kunststoff steht.

Auf dem Kunststoff-Elefanten hängt ein kleines Plakat: "Zirkus - kein Platz für Wildtiere!" "Für die Tiere ist das kein Vergnügen", sagt Yvonne Nottebrock. "Und dieser Auftritt vor der Bäckerei bedeutet ein enormes Sicherheitsrisiko für Mensch und Tier. Die Liste der Unfälle mit Elefanten in Zoos und Zirkussen ist lang. Wir fordern ein sofortiges Wildtierverbot in Zirkussen. Wildtiere wie Elefanten können dort einfach nicht artgerecht gehalten werden."

Zirkussprecher Grodotzki ist ungehalten über den Auftritt der Tierschützer. "Die Kinder und Erwachsenen wollen das hier in Ruhe genießen. Die Tierschützer überkleben unsere Plakate, beschmieren unsere Wagen und stören unsere Aufführungen, obwohl wir nichts Unrechtes tun." Danach fallen sehr unfreundliche Worte Richtung Vier-Pfoten-Vertreter.

Überhaupt ist der der 26-Jährige sauer: Ab September sollte der Zirkus für vier Wochen auf dem Heiligengeistfeld gastieren. Nun erteilte die Stadt eine Absage - Sondierungsarbeiten seien der Grund. Charles Knie fürchtet massive Umsatzeinbußen und wittert einen anderen Grund: Der Bundesrat hatte im November 2011 auf Antrag Hamburgs ein Haltungsverbot von Wildtieren im Zirkus beschlossen. Das Verbot sollte für Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde gelten.

Doch im Dezember wurde ein Antrag der SPD für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus im Bundestag abgeschmettert, obwohl sich 2010 auch die Bundestierärztekammer für eine Verbannung von Elefanten, Tiger & Co. aus der Manege ausgesprochen hatte. "Wenn wir nicht auf dem Heiligengeistfeld gastieren können, stehen wir vor der Pleite", sagt der Zirkussprecher.

Ein Harburger verteilt unterdessen Zettel mit einem Zitat aus dem Internet: "Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner, Flusspferde und Großkatzen müssen weiterhin viel Zeit in engen Transportwagen ausharren und die Trainingszeit im Zirkuszelt kann man genauso wenig als angemessenen Auslauf betrachten wie die kleinen Gehege, in die sie zwischen den Vorstellungen eingesperrt sind."

Die drei Elefantendamen haben von dem ganzen Trubel um sie herum nicht so viel mitbekommen: Nachdem sie bis auf vier Brotlaibe alles verputzt haben, trotten sie wieder Richtung Schwarzenberg.