Veränderter Berufsalltag der Eltern ist der Grund für steigende Nachfrage nach längeren Betreuungszeiten

Eißendorf. Das Harburger Rote Kreuz bietet ab sofort in fünf seiner Kindertagesstätten verlängerte Öffnungszeiten an: Die Kitas Harburger Berge, Kinderwaldschlösschen, Nordlicht, Fleetpiraten und das Kinderzentrum Neuenfelde haben von montags bis sonnabends ab 5.30 bis 22 Uhr geöffnet - diesen Service bietet bislang noch keine Kita im Hamburger Süden.

"Die Nachfrage nach Betreuungszeiten bis in die Abendstunden ist hoch, da sich der Berufsalltag verändert hat. Angestellte, die in der Gastronomie, im Verkauf aber auch in Medienberufen tätig sind, arbeiten vielfach noch nach 18 Uhr und auch am Sonnabend ", sagt DRK-Chef Harald Krüger. Diese Mütter und Väter haben es schwer, ihre Kinder morgens und am späten Abend unterzubringen, hetzen von Tagesmutter zu Großeltern und haben ein Problem, wenn jemand ausfällt. Diese Randzeiten vernünftig und kindgerecht abzudecken, sei schwierig, so Krüger.

Gerade für die Kinder sei eine solche Stress-Situation belastend. "Mit unseren neuen Öffnungszeiten können die Jungen und Mädchen auch nach 18 Uhr in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und müssen sich abends nicht an eine weitere Betreuungsperson gewöhnen", sagt Katja Philipp, Bereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie. Außerdem sei auf diese Weise eine verlässliche Betreuung gewährleistet.

Gerade in den Harburger Ortsteilen Eißendorf, Heimfeld und Neuenfelde sei die Nachfrage gestiegen. "Hier siedeln sich bevorzugt junge Familien an", so Philipp. Und Bewohner aus Neuenfelde, die auf der anderen Elbseite arbeiten, hätten lange Anfahrtswege und würden es begrüßen, "wenn die Kita morgens früher öffnet und abends nicht ganz so zeitig schließt".

Ihre Kollegin Claudia Tiedt, die die erst kürzlich neu eröffnete DRK-Kita in am Hainholzweg in Eißendorf leitet, wurde schon während der Bauphase von Eltern auf flexible Öffnungszeiten angesprochen. "Wir haben die Wohn- und Spielbereiche so umgestaltet, dass sich die Kinder, die bis in die Abendstunden bei uns sind, wie zu Hause fühlen", so Tiedt. Damit sich die kleinen Besucher zurückziehen können, gibt es Kuschelsofas und Ruheräume. Größere Umbaumaßnahmen seien nicht notwendig, da abends weniger Kinder da seien als tagsüber, so Philipp. Noch. Krüger rechnet damit, dass viele Eltern von dem neuen Angebot Gebrauch machen werden. Deshalb sollen weitere Mitarbeiter eingestellt werden. "Wir haben zunächst von einigen Kollegen die Wochenstunden aufgestockt", so Philipp. Aufgrund des Fachkräftemangels sei es nicht mehr so einfach, auf die Schnelle pädagogisch geschultes Personal zu finden. Nach Erhebungen fehlen in Deutschland 2000 Erzieher. "Ich denke, die Lücke ist größer. Allein in Hamburg gibt es bis zu 500 unbesetzte Stellen", sagt Krüger. Aber er ist zuversichtlich, dass sich genügend Kandidaten für die DRK-Kitas finden werden. Weiterhin kritisiert er die geplante Einführung des Betreuungsgeldes. "Ich halte die Möglichkeiten, die Eltern mit den verlängerten Öffnungszeiten geboten werden, für effizienter", sagt er im Gespräch mit dem Abendblatt. Wie berichtet, soll 2013 ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Kita schicken wollen, eingeführt werden. Die monatlichen Zuwendungen sollen bis zu 150 Euro betragen. "Das mag ja für ländliche Räume, die nicht so flächendeckend mit Kindergärten ausgestattet sind, sinnvoll sein. Für Hamburg ist ein Betreuungsgeld kontraproduktiv", sagt er. Kitas würden einen wichtigen Beitrag zur frühkindlichen Bildung leisten. "Diese Angebote können Eltern ihren Sprösslingen zu Hause nicht bieten", sagt Krüger. Es sei nicht zu unterschätzen, dass Familien in prekären Lebensverhältnissen davon absehen könnten, ihre Kinder in der Kita anzumelden, wenn sie Betreuungsgeld erhielten.