Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Gute Geschichten kann man auch zweimal erzählen. Aber sicher nicht 200-mal. Und nicht immer denselben Leuten.

Ich habe einen Bekannten, der mit nicht enden wollender Begeisterung bei jedem Treffen die Geschichte mit der Finanzierung seiner neuen Kauleiste referiert. "Super-Deal, ich die Kasse angerufen (blabla), übernehmen die Hälfte (blablabla), weil ich clever bin, Zusatzversicherung (blablabla), den Arzt gut kenn' (blabla), also eigentlich glatt Null rausgekommen!" Das geht dann 20 Minuten so. Unter merkwürdigen Zischlauten, weil die Hauer nicht perfekt sitzen. Unterbrochen von Präsentationseinlagen mit aufgerissenem Rachen seinerseits.

Ich versuche beim Gesprächseinstieg beharrlich, die Geschichte zu umgehen. Indem ich Sachverstand signalisiere. "Wie geht's mit den günstig geschossenen Dritten? Stößt die Zunge noch an? Was machen die Zischlaute?" Das ignoriert er aber. Er hört nur "Gebiss" - und ich glaube zu hören, wie unter Knarzen und Quietschen eine abgegriffene und verkantete Schublade in seinem Gehirn aufgezogen wird - und die Kosten-Geschichte fällt raus.

Es liegt übrigens kein Fall von Altersdemenz vor. Der Mann ist topfit. Sein Geschwätz von gestern geht ihn nur nicht mehr viel an. Ich sehe es ihm nach, weil ich ihn mag - und mache es wie meine Mutter bei meinem Vater. Ich sage in regelmäßigen Abständen "Ja, ja" und denke ans Abendessen.