Ab dem Sommer soll der neue Mobilfunkstandard auch im Bezirk Harburg Einzug halten

Harburg. Turbo-Internet, das per Funk aus der Luft kommt - im südlichen Hamburger Umland wird es jetzt Realität. Die großen Telefongesellschaften haben aufgerüstet auf einen neuen Mobilfunkstandard namens LTE. Was als Abkürzung für "Long-Term-Evolution" steht und frei übersetzt nur so viel wie "langfristige Entwicklung" bedeuten mag, soll einen schnellen Internetzugang selbst dort ermöglichen, wo die Voraussetzungen dafür - dass nämlich Glasfaserkabel verlegt sind - eigentlich gar nicht vorliegen: in vielen kleineren Dörfern.

In den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Stade ist mit Vodafone nun der erste Anbieter am Start, allerdings bislang eben nur in einigen Orten mit weniger als 5000 Einwohnern, in denen es kein kabelgebundenes schnelles Internet gibt. Dass die zuerst mit der neuen Technologie versorgt werden müssen, ist eine Auflage bei der Versteigerung einiger LTE-Frequenzen gewesen.

Und das ebnet nicht nur Privatkunden den Weg ins weltweite Netz. Auch die Wirtschaft werde von LTE profitieren, da ist sich Michael Seggewiß, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Landkreis Stade GmbH, sicher. "Es gibt einfach noch zu viele weiße Flecken ganz ohne schnelles Internet", sagt er, "und jeder einzelne birgt das Problem, dass ein Standort nicht mehr konkurrenzfähig bleibt." Denn auch kleinere Betriebe, zum Beispiel Autowerkstätten, seien heute auf schnelles Internet angewiesen.

Ähnlich äußert sich der Harburger Wirtschaftsförderer Jochen Winand, Vorstand der Süderelbe AG: "Was die IT-Infrastruktur angeht, erwarten Firmen heute Höchststandards." Das bedeute im Umkehrschluss: Standorte ohne schnelles Internet seien nicht zukunftsfähig. Und Andreas Schmidt, der im Seevetaler Rathaus auch für Fragen der Wirtschaftsförderung zuständig ist, sagt: "Die Menschen werden mit ihren Erwartungen an die Geschwindigkeit des Internets immer anspruchsvoller."

Inwiefern sich LTE im ländlichen Raum durchsetzen wird, bleibt dennoch abzuwarten. Vodafone zum Beispiel könnte bundesweit inzwischen rund 12 Millionen LTE-Kunden bedienen. "Wir haben zurzeit 150 000", sagt Sprecher Dirk Ellenbeck. Das deckt sich mit den Erfahrungen, die Mitarbeiter des Landkreises Lüneburg gerade machen. "LTE ist noch nicht der Erfolg, den sich der eine oder andere vielleicht vorgestellt hat", meint Ulrich Mentz, Mitarbeiter im Landrats-Büro. Er mutmaßt: Vielleicht ahne der eine oder andere noch gar nichts von seinem Glück. Womöglich störe es die Kunden auch, dass es zurzeit mit Vodafone nur einen Anbieter gebe.

Der Düsseldorfer Konzern schlägt mit seinem LTE-Engagement in der Region gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. 2010 hatte Niedersachsen drei sogenannte Breitbandcluster ausgeschrieben, um 100 000 zusätzlichen Haushalten in unterversorgten Gebieten den Zugang zu schnellem Internet zu ermöglichen. Vodafone hatte das Cluster Heide mit den Landkreisen Lüneburg, Heidekreis, Uelzen und Lüchow-Dannenberg gewonnen.

Die Deutsche Telekom will nach den Worten ihrer Sprecherin Stefanie Halle in Kürze mit Details zur Einführung von LTE herausrücken. Im Hause Telefónica Deutschland GmbH (O2) sei noch nicht sicher, wann die neue Technologie in die kleinen Dörfer südlich Hamburgs komme, so Albert Fetsch, Leiter Externe Kommunikation. Sicher ist hingegen: Eine Überprüfung der Bundesnetzagentur hat jetzt ergeben, dass mindestens 90 Prozent der Bevölkerung in Niedersachsens kleinen Dörfern inzwischen mit schnellem Internet versorgt werden können. Wirtschaftsminister Jörg Bode(FDP) spricht von einer "echten Herausforderung". "Aber notwendig, um auch den Anschluss weniger lukrativer Gebiete in der Fläche zu gewährleisten."

Dass die großen Städte weitaus lukrativer sein dürften, daraus machen die Mobilfunkkonzerne keinen Hehl. Sie haben den Hamburger Bezirk Harburg schon ins Auge gefasst. Und dort dürfte LTE alles andere sein als ein Notnagel in schlecht mit Internet versorgten Dörfern. "Natürlich wollen wir in die Städte", sagt Vodafone-Sprecher Ellenbeck. Denn LTE sei die perfekte Technologie, um auch Tablet-PCs und Smartphones schneller zu machen. Langfristig wolle Vodafone sogar nur noch Internet via Mobilfunk anbieten - um keine Durchleitungsgebühren mehr an die Telekom entrichten zu müssen, die nach wie vor die Hoheit über die sogenannte letzte Meile, die Hausanschlüsse, hat.

Telefónica will ab Juli LTE nach Hamburg bringen. Die E-Plus-Gruppe, die nur Frequenzen ersteigert hat, an die keine Auflagen gebunden waren, warte noch ab, bis es eine "wirkliche Marktrelevanz" gebe, so Sprecher Klaus Schulze-Löwenberg.