Eine Glosse von Cornelia Putzbach

Ich hatte mich gerade so schön digital in ein Naturgedicht von Goethe vertieft, da huschte doch tatsächlich eine Anzeige gegen Mundgeruch über den Bildschirm meines Computers. Bitte nicht, dachte ich mir. Die profane Welt des Alltags wünsche ich mir außerhalb der Hochkultur.

Eine werbefreie Zone neben Johann Wolfgangs Gingko-Versen. Keine Pickelcreme in der Nähe von Pfingstrosengedichten. Was soll denn das?

Selber schuld, werden Sie jetzt vielleicht zu Recht denken. Wer im Internet liest, wird nun mal mit den aktuellen werblichen Einnahmequellen konfrontiert. Wer keine Wohnung sucht, bekommt Immobilienanzeigen gratis auf den Schirm, gut beschuhte Mitmenschen werden mit versandkostenfreien Frühlings-Traumpaaren gelockt.

Und eine Ballade mit dem romantischen Begriff "Wohlgefühl", irgendwo in Zeile zwölf, holt im Nu die Reklame für Wärmepflaster und Trinkschokolade aus der digitalen Versenkung.

Ich beginne nachzudenken. Irgendwo habe ich Schillers sämtliche Gedichte, Goethes schönste Liebeslyrik und alles von Walther von der Vogelweide im Regal stehen. Die werden jetzt entstaubt und eine poetische Renaissance auf meinem Lesetisch erleben. Versprochen!

Ich tauche ein in die werbefreie Lyrik und gönne mir dazu einen großen Becher Kakao. Ob es der aus der Internetwerbung ist? Dann hätte sie ja immerhin funktioniert, bei allem Widerstand.