Nur 45 Kilometer von Nindorf entfernt plant Ebstorf ein ähnliches Millionenprojekt wie der Landkreis Harburg

Winsen/Nindorf. Spaziergänge in luftiger Höhe zwischen den Wipfeln der Bäume sollen bald auch im Landkreis Harburg möglich sein. Das Ja zum Waldkronenpfad war die große Überraschung der jüngsten Kreistagssitzung. Die Kreisverwaltung werde nun das Projekt im Garlstorfer Wald bei Nindorf anschieben und es bis Ende des Monats beim Land Niedersachsen als förderfähig anmelden, sagt Georg Krümpelmann, Pressesprecher des Landkreises. Zeitnah würden dann eine oder mehrere Firmen mit der Machbarkeitsstudie beauftragt werden, die klären soll, ob das mit EU-Mitteln geförderte Millionenprojekt überhaupt realisiert werden kann.

Wie hoch und lang soll der Pfad werden, wo darf er aus naturschutzrechtlichen Gründen entstehen und wie kann die Betreiberkonstellation aussehen? All das seien Fragen, die beantwortet werden müssten, sagt Krümpelmann. Eine Frage hatte die Kreisverwaltung dabei aber anscheinend nicht wirklich auf der Rechnung: Wie erfolgreich kann ein Waldkronenpfad im Landkreis Harburg sein, wenn nur 45 Kilometer weiter südöstlich ebenfalls ein solches Projekt entstehen soll? Anders als es Erster Kreisrat Rainer Rempe in der Kreistagssitzung darstellte, hält der Klosterflecken Ebstorf im Landkreis Uelzen nämlich sehr wohl an seinem Baumkronenpfad fest. "Demnächst werden wir mögliche Investoren anschreiben", sagt Ebstorfs Gemeindedirektor Wilhelm Oelstorf gegenüber dem Abendblatt.

In der Kreistagssitzung hatte Rempe nach dem Hinweis der Grünen auf das Konkurrenz-Projekt in Ebstorf erklärt, dass der dortige Pfad nach seinen Informationen gar nicht mehr realisiert werde. Gemeindedirektor Oelstorf reagiert darauf verwundert. Er könne sich nicht erklären, wie der Landkreis Harburg an diese Information gekommen sei. Es habe zwar einige Verzögerungen gegeben, nachdem im August des vergangenen Jahres die Machbarkeitsstudie für den Waldweltenweg, wie das Projekt in Ebstorf heißt, vorgestellt wurde. Die Kommunalwahlen kamen dazwischen, und dann habe sich innerhalb der frisch fusionierten Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf noch die Zuständigkeit für den Tourismus geändert. Doch jetzt sollen die Planungen zügig vorangehen.

Kommt es also zu einem Wettlauf zwischen den Kommunen, wer von ihnen als erste die Planungen in trockene Tücher bringt? Oelstorf sieht die Lage entspannt. Ebstorf habe zwar einen zeitlichen Vorsprung vor dem Landkreis Harburg, aber ob der Waldweltenweg davon letztlich profitiere, werde sich zeigen. "Wer sich als Investor oder Planer mit dem Thema beschäftigt, weiß sowieso von den beiden Projekten", ist er sich sicher.

Zudem verfüge Ebstorf über einen ganz besonderen Standort, der sich klar vom Garlstorfer Wald und dem dortigen Wildpark Lüneburger Heide unterscheide. Eines der sechs mittelalterlichen Heideklöster der Lüneburger Heide liege etwa 500 Meter Luftlinie von der geplanten Trasse entfernt, so dass man vom Pfad aus einen einzigartigen Ausblick habe.

5,5 Millionen Euro soll der etwa 600 Meter lange Waldweltenweg in Ebstorf kosten. "Kritik gab es bei uns kaum", sagt der Gemeindedirektor über das Projekt, das so wie das im Landkreis Harburg in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Ähnlich wie im Garlstorfer Wald soll der Pfad eine Mischung aus Unterhaltung und Umwelterziehung bieten. "Wir wollen keinen Rummel, sondern sensibel mit dem Wald umgehen." Diese Sorge hatte auch Vertreter von SPD und Grünen im Landkreis Harburg dazu veranlasst, den Waldkronenpfad im Kreistag abzulehnen - wenn auch letztlich ohne Erfolg.

Von den Erfahrungen des 2010 eröffneten Baumkronenpfads am hessischen Edersee könnten beide Projekte profitieren. 1,2 Millionen Euro habe dieser von privaten Investoren finanzierte 250 Meter lange Pfad gekostet, sagt Mit-Betreiber Stefan Dolzer. Im kommenden Jahr solle er um weitere 250 Meter erweitert werden. 70 000 bis 80 000 Besucher zählt der Pfad pro Jahr im Schnitt, angepeilt waren jedoch 100 000. "Wir sind nun mal wetterabhängig, und der vergangene Sommer war zu kalt."