Eine Glosse von Heike Linde-Lembke

Freie Tage sind anstrengend. Klar, Ausschlafen ist nett. Eine entspannte Dusche und Frühstück inklusive Zeitung ebenfalls. Aber dann! Ich hätte endlich Zeit, das neue Buch zu lesen. Ganz sinnig und schon am Vormittag. Nee, erst einmal E-Mails checken. Und da der PC schon mal an ist, rasch noch eine Überweisung schreiben.

Aber jetzt! Statt zu lesen, könnte ich die Schubladen des Wohnzimmer-Schranks aufräumen. Überhaupt Schubladen. Alles, was im Weg liegt und keinen festen Platz hat, wandert in irgendwelche Schubladen. Lade auf, Sachen rein, Lade zu und aus dem Sinn. Auch im Wäschekeller stapelt sich ungeliebte Arbeit. Von den vielen Ordnern mit Steuerunterlagen und Versicherungsscheinen ganz zu schweigen. Wer will so was schon.

Dann lieber Schuhe putzen. Damit hätte ich wenigstens ein Erfolgserlebnis. Oder das Auto von innen sauber machen? Zu kalt. Ein Anruf bei meinem Bruder ist auch längst fällig, der bei der Freundin ebenfalls. Kann ich auf heute Abend verschieben.

In einem Karton lauern alte Fotos. Wohin damit? Ich könnte sie scannen und in einen Ordner im PC ablegen. PC-Ordner? Die müsste ich mal auf eine Festplatte packen. Die Blumen lassen auch die Blätter hängen, und was da in der Vase steht, ist eher eine Vorlage für ein melancholisches Vanitas-Bild denn frische Tulpen. Mittlerweile ist es Abend. Feierabend. Ich bin völlig fertig. Nur - wovon? Besser noch: Womit? Freie Tage sind einfach nur anstrengend...