Ab April schocken professionelle Angstmacher die Gäste des neuen Gruselkabinetts im Heide-Park-Resort

Soltau. "Unerschrocken, charakterstark und am besten von Natur aus hässlich!" So lautete die Stellenausschreibung, auf die Lothar Berger sich beworben hat. Zirkusclown war er schon, ebenso Pirat und sogar Maya-Gott. Zuletzt ergriff er den schauderhaftesten Beruf in ganz Norddeutschland - Erschrecker. Der 41-Jährige arbeitet seit 2007 im Heide-Park-Resort, bei den Live-Darbietungen im Park und abends in der Hotel-Show.

Im Moment bereitet er sich auf die neuen Aufgaben der kommenden Saison vor. "Im April eröffnen wir unser Gruselkabinett, das der Achterbahn "Krake" angegliedert ist. Dort werden wir dann mit fünf bis sechs Darstellern die Gäste durch das Abenteuer begleiten und natürlich auch erschrecken", sagt der ausgebildete Schauspieler.

Damit jeder Besucher seinen versprochenen Schockmoment erleben kann, braucht das Team des Parks Verstärkung. Für den heutigen Mittwoch hat das Management deshalb ein Live-Erschrecker-Casting organisiert. 44 Bewerber messen sich gegenseitig um die etwa 20 zu vergebenen Arbeitsplätze. Sie müssen die Jury zum Lachen, Schreien und Fürchten bringen. "Es gehört mehr zu dem Job, als sich einfach nur zu verkleiden und buh zu rufen", erklärt Berger. "Wir suchen motivierte Leute mit Spaß am Schauspiel und Menschenkenntnis. Der einfühlsame Umgang mit den Gästen ist ebenso wichtig wie die Stimmung innerhalb des Teams."

Bei den Bewerbungsvoraussetzungen machte das Park-Management deshalb zunächst nur wenig Einschränkungen. "Von Models mit Laufsteg-Erfahrung bis zum 73 Jahre alten Rentner war alles dabei", sagt Berger. Heute sollen die Interessenten nun ihre Teamfähigkeit und Spontaneität unter Beweis stellen. In Einzelauftritten und in kleinen Gruppe müssen sie improvisierte Vorgaben umsetzen und dabei glaubhaft vermitteln, dass sie für den dunklen, engen und lauten Arbeitsplatz geeignet sind. Bergers Aufgabe wird es in den kommenden Wochen sein, das Team durch Übungen und viel Zeit miteinander zu einer Einheit zu formen. Er sagt: "Wir müssen einfach gut zusammen funktionieren und uns aufeinander verlassen können. Es hilft auch den Kollegen so gut zu kennen, dass man weiß, wie er auf bestimmte Vorgaben reagiert. Das hat schon viel von Improvisationstheater. Zudem sollte man die körperliche und psychische Belastung des Jobs nicht unterschätzen."

Für die Entwicklung des Gruselkabinetts wurden extra Psychologen zurate gezogen. "Das geführte Abenteuer spricht die Urängste der Menschen an", sagt Entertainment-Manager Ingo Reichstein. "Der Eintritt in die neue Attraktion ist deshalb auch erst ab zwölf Jahren empfohlen."

Wo den Gästen im April das Fürchten gelehrt werden soll, sieht es im Moment noch aus wie auf der Baustelle. Es liegen Holz, Dämmwolle und Eisenteile auf dem Fußboden herum, aus den unverputzten Wänden ragen lange Elektrokabel und Licht erzeugt nur eine Taschenlampe. Einige Räume sind aber auch schon fertig gestaltet, zum Beispiel die Kombüse des Schiffskochs. Hier läuft gerade die letzte Abstimmung der schummrigen Beleuchtung, für einen möglichst stilechten Eindruck. Auf dem Herd stehen große Eisentöpfe mit Zutaten, die nur mit viel Fantasie als Lebensmittel zu erkennen sind, zu realistisch ist der schmuddelige Eindruck. "Wirklich eine klasse Leistung der Designer", sagt Reichstein und gerät ins Schwärmen. "Als Koch stellen wir uns einen mürrischen Typ mit viel Bauch vor. Das Erlebnis wird hier übrigens durch den Geruchssinn unterstützt, es soll richtig stinken in der Küche. Es wird ein multisensorischer Rundgang, in den anderen Räumen werden wir viel mit dem Tast- und Hörsinn spielen und natürlich neuartige visuelle Effekte einsetzen." Dabei werden zum Beispiel 3D-Hologramme aus einem Fernsehbild erzeugt. Rund zwei Millionen Euro hat der Heide Park in dieser Winterpause investiert. Neben der Entwicklung und Umsetzung des Gruselkabinetts wurde auch die Achterbahn Krake aus diesem Budget erweitert. Die 90-Grad-Schussfahrt endet nun in einem dunklen Tunnel.

Wo neue Attraktionen gebaut werden, müssen unrentable Fahrgeschäfte weichen. Der 1978 gegründete Freizeitpark hat nach der Übernahme durch eine globale Investorengruppe 2001 zahlreiche Veränderungen erlebt. So wurde der Name Heide Park zum Beispiel mit dem international klingenden Zusatz Resort versehen und ein Hotel gebaut. Traditionelle Objekte wie das Kaffeetassenkarussell oder die zweite Wildwasserbahn wurden geschlossen.

Immer wieder äußern sich Besucher enttäuscht über den Abbau von altbekannten Karussells. Entertainment-Manager Reichstein sagt: "Leider können wir das nicht vermeiden. Viele Hersteller gibt es schon gar nicht mehr, was die Ersatzteilbeschaffung kompliziert und kostspielig macht. Als Gegenleistung versuchen wir aber am Puls der Zeit zu bleiben und den Park jedes Jahr um eine spannende Attraktion reicher zu machen. Wichtig ist uns dabei natürlich auch, alle Alters- und Interessengruppen zu bedienen."

Das aktuelle Konzept sähe vor, den Park in vier Themenbereiche zu unterteilen und die Fahrgeschäfte inhaltlich mit einzubinden, erklärt Reichstein weiter. Das verstärkte Auftreten von Darstellern sei Teil der Strategie, um die Gäste emotional teilhaben zu lassen und sie noch direkter anzusprechen. So entstehen in der Heide Region ganz neue Berufsbilder - das des Erschreckers zum Beispiel.