79-Jähriger, der im Verdacht steht, seine Frau zerstückelt zu haben, ist laut Gutachter krank

Stade/Nindorf. Dass Otto H. seelisch krank ist, daran hat Dr. Harald Schmidt keinen Zweifel. Der Psychiater und Rechtsmediziner stellte am Dienstag vor dem Landgericht sein Gutachten über den 79 Jahre alten Rentner aus Nindorf vor. Die Erkenntnisse über jenen Mann, der am 5. August 2011 seine Ehefrau getötet, zerstückelt und die Leichenteile anschließend angezündet und deren Überreste in der Umgebung seines Heimatdorfs verteilt haben soll. Staatsanwaltschaft und Nebenklagevertreter - Nebenklägerin ist die gemeinsame Tochter des Ehepaares H. - beantragten in ihren Abschlussplädoyers, dass Otto H. in die Psychiatrie eingewiesen werden solle.

Laut dem Sachverständigen Schmidt ist Otto H. derzeit in einem bemerkenswerten körperlichen Zustand. Das gelte jedoch nicht für die Psyche des Rentners. Der 79-Jährige leide an Morbus Pick, einer Demenzerkrankung, die jedoch wesentlich seltener sei als Alzheimer. Diese Erkrankung führe zum Abbau der Persönlichkeit und der kognitiven Funktionen. Die auffälligsten Folgeerscheinungen seien unter anderem extreme Stimmungsschwankungen mit zum Teil aggressivem Verhalten. Die Erkrankten zeigten außerdem keinerlei Einsicht bei Fehlverhalten.

Nach Ansicht von Oberstaatsanwältin Anja Demke besteht kein Zweifel daran, dass Otto H. seine Frau getötet hat. Die Beweislast sei erdrückend. Mord sei ihm jedoch nicht sicher nachzuweisen. Deshalb plädierte die Oberstaatsanwältin auf Totschlag. Doch war Otto H. während der Tat schuldfähig? Entscheidend ist der Einfluss seiner seelischen Störung auf Einsichts- und Steuerungsfähigkeit.

H. habe etwas unternommen, um die Leiche zu beseitigen, sagte Gutachter Schmidt. "Er erkannte, dass er grundsätzlich etwas Verbotenes getan hatte." Der 79-Jährige habe das trotz der seelischen Störung erkannt. Das Gehirn des Rentner sei aufgrund der Krankheit hingegen nur eingeschränkt steuerungsfähig. Seine kontrollierende Funktion falle weg, H. handele deshalb spontan, aus der Stimmung heraus und ohne die möglichen Folgen abzuwägen. Dass die Steuerungsfähigkeit während der Tat komplett aufgehoben war, sei nicht auszuschließen, ergänzte der Gutachter und fügte hinzu: "Es ist aus medizinischer Sicht auch in Zukunft mit aggressiven Verhaltensweisen zu rechnen."

Die Oberstaatsanwältin und die Vertreterin der Nebenklage beantragten deshalb, den Rentner dauerhaft in die Psychiatrie einzuweisen. Eine Schuldunfähigkeit sei nicht auszuschließen, und H. leide unter einer krankhaften seelischen Störung. Der Rentner sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, sagte die Oberstaatsanwältin. Es sei zu erwarten, dass er auch zukünftig in Konfliktsituationen mit nicht berechenbarem und aggressivem Verhalten reagieren werde. Unbefriedigend ist für die Staatsanwaltschaft, dass ein mögliches Motiv für die Tat auch während der Hauptverhandlung nicht geklärt werden konnte.

Otto H. streitet die Tat weiter vehement ab. Für kommenden Donnerstag wird das Urteil erwartet. Zuvor werden die Verteidiger des Angeklagten noch ihr Plädoyer halten.