Harburg Bezirksparlament reagiert auf Änderung des Wahlrechts

Harburg. Der Volksentscheid vom Juni 2004 für mehr Demokratie krempelt ab 2014 vieles um, trennt unter anderem die Wahltermine der Hamburgischen Bürgerschaft und der sieben Hamburger Bezirksparlamente erstmals voneinander. Für künftige Wahlen der Bezirksversammlungen haben die Bezirke ihr Gebiet bereits in neue Wahlkreise aufgeteilt. Die neue Aufteilung ist seit kurzem von den Bezirksversammlungen beschlossen und an das Landeswahlamt in Hamburg gemeldet worden.

Oliver Rudolf, Leiter des Landeswahlamts, nennt die weiteren Schritte der Entwicklung: Zunächst wird vom Amt bis voraussichtlich Mitte März eine Mitteilungsdrucksache für den Senat erstellt. Danach beschäftigen sich die Bürgerschaft und eine von ihr eingesetzte Wahlkreiskommission mit den Änderungen. Letztlich wird die Kommission eine Beschlussvorlage für die Bürgerschaft zur Einteilung der neuen Wahlkreise vorlegen. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird die Bürgerschaft beschließen können.

Der Bezirk Harburg ist künftig nicht mehr in zwei sondern in acht Wahlkreise aufgeteilt. Die Harburger Bezirksversammlung hatte dazu kürzlich in einer Sondersitzung einen gemeinsamen Antrag der beiden großen Fraktionen von SPD und CDU beschlossen - gegen die Stimmen der Opposition aus GAL, FDP und Linke, die in einem eigenen gemeinsamen Antrag die Aufteilung in sechs Wahlkreise vorgeschlagen hatte.

Das gemeinsame Vorgehen von SPD und CDU in der Angelegenheit hatte der Opposition wenig behagt. Insbesondere die GAL, die in voriger Regierungszeit Koalitionspartner der CDU gewesen war und auch jetzt in der Oppositionsarbeit der CDU bislang noch nahe stand, zeigte sich verärgert. GAL-Fraktionsvorsitzender Ronald Preuß zum CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf-Dieter Fischer: "Bei für sie vorteilhafter Interessenlage wechseln sie die Seite." Und er fragte, ob die Zusammenarbeit von CDU und SPD nun ein Modell für die Zukunft werden soll? Der FDP-Fraktionsvorsitzende Carsten Schuster erinnerte in dem Zusammenhang an die Sondersitzung der Bezirksversammlung vom 29. November, als der SPD-Kandidat Thomas Völsch zum neuen Bezirksamtsleiter gewählt worden war. Ralf-Dieter Fischer hatte die damit verbundene Abwahl von Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg (CDU) als "unvernünftigen Stil" bezeichnet und angekündigt, dass die Luft zur SPD-Fraktion in Zukunft "bleihaltiger" werden wird. Schuster: "Nun ist das Säbelrasseln verstummt."

SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath hatte für den gemeinsamen Antrag mit der CDU und die Einteilung in acht Wahlkreise geworben, weil diese Einteilung gewährleiste, dass sich die Wahlkreise bei nur wenigen Zerschneidungen bestmöglich an den Ortsgrenzen orientieren. Damit werde dem neuen Wahlrechtsgesetz am ehesten entsprochen. Fischer: "Das neue Wahlrecht verlangt auch nach größtmöglichem Konsens bei der Abstimmung. Der war für uns mit der SPD möglich. Wir hätten sogar eine größtmögliche Einteilung in zehn Wahlkreise befürwortet, um die vom Gesetz gewünschte Bürgernähe zu erreichen. Der Kompromiss von SPD und CDU ist die beste Lösung." Entsprechend eindeutig war das Abstimmungsergebnis. Der Antrag der Opposition war damit automatisch erledigt. In den acht Wahlkreisen werden folgende Ortsteile zusammengeschlossen oder einzeln vertreten sein - erstens: Harburg, Neuland und Gut Moor, zweitens: Wilstorf, drittens: Rönneburg, Langenbek, Sinstorf und Marmstorf, viertens: Eißendorf, fünftens: Heimfeld, sechstens: Hausbruch, siebtens: Neugraben-Fischbek/Ost, Moorburg, Francop, Neuenfelde und Cranz, achtens: Neugraben-Fischbek/West.

Das neue Wahlrecht und die nun damit verbundene Einteilung der Wahlkreise sind durch die Initiative "Mehr Demokratie" mit einem Bürgerbegehren in Gang gebracht worden. 2014 sollen die Bezirksversammlungen der sieben Hamburger Bezirke erstmals nach dem neuen System, zeitgleich mit den Europawahlen, im Fünfjahresrhythmus gewählt werden. Die Bezirksversammlung Harburg zählt 51 Sitze. Künftig kommen 30 Direktkandidaten aus den acht Wahlkreisen, plus 21 Listenkandidaten der Parteien. Dierk Trispel, Dezernatsleiter Steuerung und Service, schätzt, dass insbesondere kleine Parteien Schwierigkeiten haben werden, jeden Wahlkreis mit einem Wahlkreiskandidaten zu besetzen, weil es in manchen Wahlkreisen keine oder zu wenige Parteimitglieder gibt, die einen Kandidaten aufstellen können. Trispel: "Die Parteien werden sich schon bald mit der Kandidatenfrage befassen müssen. Es können zwar geeignete Kandidaten auch aus umliegenden Wahlkreisen herangezogen werden. Aber es müssen in den Wahlkreisen genügend Parteimitglieder wohnen, die den Kandidaten mit Beschluss aufstellen können."

Die Wahl der Bezirksversammlung wird mit Listenkandidaten und Direktkandidaten in der Auszählung der Stimmzettel voraussichtlich wieder sehr viel Personaleinsatz erfordern und hohe Kosten verursachen. Trispel bedauert, dass es bislang keinen Fortschritt in der technischen Entwicklung gibt. Frühere Versuche, bei der Wahl sogenannte elektronische Kugelschreiber, einzusetzen, die angekreuzte Felder an einen Computer weiterleiten, waren wegen Einwendungen gegen die Datensicherheit gestoppt worden.