Das Harburger Theater zeigt Robin Hood als actionreiches Spektakel. Der Star ist der Choreograf Malcolm Ranson, verantwortlich für die Stunts.

Filmproduzenten lassen den Londoner schon einmal für die Inszenierung eines einzigen Faustschlags mit dem Flugzeug einfliegen. Malcolm Ranson von der Royal Shakespeare Company ist weltweit einer der gefragtesten Kampfszenenchoreografen. Er hat schon mit Anthony Hopkins und Jude Law zusammengearbeitet. In Theatern am Broadway ist er für die Stunts verantwortlich.

An den vergangen zwei Tagen hat der renommierte Fight Director mit den Schauspielern am Harburger Theater gefochten, um den rasanten Kampfszenen in der Aufführung des Mantel- und Degen-Abenteuers Robin Hood den letzten Feinschliff zu verpassen. Zehn Prozent mehr, so heißt es, könne der Meister trotz der kurzen Zeit noch aus den Akteuren herausholen. Premiere am Harburger Theater ist heute, Donnerstag, 23. Februar.

Malcolm Ranson ist nicht nur für die Spezialeffekte mit Schwert, Pfeil und Bogen verantwortlich. Er führt auch Regie bei der vergnüglichen Bühnenkeilerei. Mit dem Ensemble hat der Kampfszenenchoreograf bereits im Jahr 2010 am Altonaer Theater zusammengearbeitet, als die Inszenierung in der Fassung des Intendanten Axel Schneider Uraufführung hatte. Robin-Hood-Darsteller Martin Brücker und seine Bühnenkumpanen sind also im Umgang mit den Schwertern aus Stahl geübt. Der einzige Unterschied zu echten Waffen ist, dass die Theaterschwerter, Anfertigungen aus Tschechien, nicht scharf sind. Trotzdem ist ein Bühnengefecht wegen des Gewichts der Schwerter nicht ungefährlich. Ein Kampf-Lehrer hat bei den Proben in den vergangenen Wochen dafür gesorgt, dass die Kampfe "auf dem Punkt" sein, wie Intendant Axel Schneider sagt.

Das Ensemble musste die Kampfszenen an die kleinere Bühne in Harburg anpassen. Die Schauspieler benötigen die gesamte Fläche für die Show. Seitenbühnen oder Erhebungen fehlen deshalb: "Die wären tödlich", so der Intendant.

Malcolm Ranson inszeniert Axel Schneiders Robin Hood als actionreiches Schauspiel. Martin Brücker als Gentleman-Held muss sieben Kämpfe bestreiten - das gilt in der Theaterwelt als ungewöhnlich viel. "So eine drei bis vier Minuten lange Kampfszene ist körperlich anstrengend", sagt Axel Schneider. Im Gegensatz zum Film mit der Möglichkeit zu schnellen Schnitten, kann man auf der Bühne nicht schummeln. Ein Bühnenkampf kostet Kraft, die Schläge müssen schnell erfolgen, damit sie authentisch wirken.

In seiner Robin-Hood-Version stellt Axel Schneider den Helden als charmanten Abenteurer dar, verpasst ihm aber nicht alberne grüne Strumpfhosen. Der Intendant hält sich in seiner Fassung eng an die Sage, den mittelalterlichen Balladenzyklus - viel mehr als es bekannte Verfilmungen tun. Schneider ist es wichtig, auch die politischen Hintergründe zu zeigen. "Ich schrieb die Begründung, wie es zu den Kämpfen kommt", beschreibt Schneider seine Kooperation mit Malcolm Ranson. Schneider hält den Ton ernsthaft und sein britischer Regisseur fügt dem eine Leichtigkeit, Action und Lustiges, hinzu.

Für das Amüsement dekonstruiert Ranson sogar das Bühnenbild: Wenn Robin und Little John am Fluss im Sherwood Forest rasten und ihre Wasservorräte auffüllen, lässt er die Schauspieler das blaue Tuch einpacken, das den Bach symbolisiert. Bei der Uraufführung in Altona rief diese Szene großes Gelächter beim Publikum hervor.

Normalerweise sprengt das Honorar für den am Broadway tätigen englischen Starchoreografen den Etat einer Produktion am Altonaer/Harburger Theater. Die Zusammenarbeit kam trotzdem zustande, weil Axel Schneider ihn persönlich kennt - und ihn mit einer Regiearbeit geködert hat.

Schneider und Ranson haben sich Mitte der 1990er-Jahre kennengelernt, als beide mit dem britischen Regisseur Michael Bogdanov zusammengearbeitet haben. Später um das Jahr 2000 trafen sich beide im Fahrstuhl eines Hotels in Sydney wieder. Da erwähnte der Actionchoreograf, dass es sein größter Wunsch sei, einmal Regie führen zu dürfen.

Acht Jahre später begegneten sich beide am Frühstücksbüffet in Berlin wieder. Beide stilecht, der Brite mit Cornflakes, der Deutsche mit Müsli. Axel Schneider erinnerte Ranson an dessen Wunsch und diente ihm die Regie für Robin Hood an. Der Engländer zeigte sich beeindruckt von Schneiders Elefantengedächtnis - und sagte zu.

In der Inszenierung am Harburger Theater begleitet Robin Hood Ende des 12. Jahrhunderts den englischen König Richard Löwenherz auf seinem Kreuzzug ins Gelobte Land. Dabei gerät Richard in Gefangenschaft. Nur ein hohes Lösegeld kann ihn retten. Robin kehrt als Bote nach England zurück, um das Geld bei Prinz John, dem Bruder König Richards, aufzutreiben. Doch der heimtückische und machtgierige Prinz denkt gar nicht daran zu zahlen. Robin Hood wird geächtet und muss als Vogelfreier in den Sherwood Forest fliehen. Nebenbei erlebt Robin Hood auch noch einige prickelnde amouröse Abenteuer.

Bei einigen Aufführungen am Harburger Theater spielt Jasmin Wagner als Zofe Charlotte in Robin Hood mit. Die früher als "Blümchen" bekannte Popsängerin hat sich inzwischen als ernst zu nehmende Theaterschauspielerin etabliert. Jasmin Wagner hat in den USA Schauspiel studiert und hat aus Übersee eine besondere Fähigkeit mitgebracht: "Sie kann toll fechten", sagt Axel Schneider.