Nachwuchs-Mimen der Rudolf-Steiner-Schule zeigen Erich Kästners Komödie “Verwandte sind auch Menschen“

Hausbruch. Generalprobe. Die Regisseurin ruft mit durchdringender Stimme letzte Korrekturen und Regieanweisungen in den großen Aufführungsraum. Auf und neben der Bühne ist viel Bewegung und sogar am Lichtpult tummeln sich ein paar Schüler. Schon nach wenigen Minuten merkt der Beobachter, dass sich diese Schulaufführung in der Qualität etwas von anderen unterscheidet.

Die Schüler der achten Klasse der Rudolf-Steiner-Schule sind textsicher und erzeugen durch ihre Bewegungen Dynamik auf der Bühne. Am Ende des Auftritts wird noch das Lied "Marry You" gesungen, das den Ausgang des Stücks "Verwandte sind auch Menschen" von Erich Kästner kommentiert. Ganze zweieinhalb Stunden Spielzeit mit einer Pause stehen auf dem Programm. "Die Klasse hat 35 Schüler und mit diesem Stück konnten sie alle gut untergebracht werden.", sagt die Klassenbetreuerin Astrid Klose. Es gibt zwei Gesamtbesetzungen, die sich die zwei Aufführungen teilen.

Die Schüler übernehmen nicht nur die schauspielerischen Rollen, sondern sind auch für das Licht und das Soufflieren zuständig. Außerdem haben sie noch die Kostüme zusammengesucht, das Bühnenbild gebaut und bemalt und die Requisiten besorgt. In den Waldorfschulen wird jedes Schuljahr ein Stück von den achten und eines von den zwölften Klassen aufgeführt. Die Jüngeren nehmen normalerweise klassischen Theaterstoff "aber die Schüler wollten ein Stück mit moderner Sprache und etwas Lustiges", erzählt die Lehrerin. Sie erklärt, dass Komödien eigentlich schwerer zu spielen sind, weil die Schauspieler, nachdem sie das Stück beherrschen, noch die nötige Leichtigkeit mit einbringen müssen, um den Humor zu transportieren.

Die Rollen wurden so verteilt, dass jeder Schüler jeweils drei Wünsche für sich selbst äußern konnte und außerdem noch Vorschläge für die anderen Besetzungen machen sollte. "Aus der Liste habe ich dann die Schauspieler ausgewählt.", so Klose. Die Arbeitsintensität ist dem Konzept der Theaterklasse der Waldorfschule zu verdanken. Die Proben dauerten insgesamt fünf Woche und liefen jeden Tag von 8 Uhr bis 13 oder sogar 15 Uhr. Der Tag wird zwischen den zwei Besetzungen aufgeteilt. "Das Anstrengendste dabei war die einen Schüler ruhig zu halten, während sie der anderen Besetzung zugesehen haben. Aber mit dem Essen, das die Eltern abwechselnd zu den Proben brachten, ist es ruhiger geworden."

Theaterpädagogin Ulrike Leiber stand der Lehrerin dabei zur Seite. Sie hat die Regie bei der Aufführung übernommen. Pädagogisch gesehen vermittle das Theater Selbstbewusstsein zum Sprechen, soziale Kompetenz zwischen den Schülern und Kreativität, erläutert sie. "Das hat alles sehr gut funktioniert. Wir haben einen schüchternen Schüler zum freien Sprechen bewegt und Schüler, die eher Außenseiter waren, mit eingebunden. Es entsteht ein echter sozialer Raum auf der Bühne und innerhalb der Klasse."