Kontroverse um die Hauptschule Meckelfeld: Denn dort gibt es jetzt wöchentliche Arbeitslisten für die Schüler - anstelle von Hausaufgaben.

Meckelfeld. Ein Beschluss der Lehrerkonferenz an der Grund- und Hauptschule Meckelfeld sorgt in ganz Niedersachsen für Aufsehen und beschäftigt die Juristen: Demnach sind die 164 Jungen und Mädchen des Hauptschulzweiges seit dem 1. Februar nicht mehr verpflichtet, schriftliche Hausaufgaben zu machen. Die tägliche Kontrolle entfällt. Stattdessen erhalten die Schüler Wochenpläne, bestimmen selbstständig, wann sie lernen. Die Landesschulbehörde prüft, ob dieses Hausaufgabenmodell mit dem niedersächsischen Schulrecht vereinbar ist. Ein Ergebnis wird voraussichtlich bis Freitag vorliegen, sagt Behördensprecherin Susanne Strätz.

Die Hauptschule in Meckelfeld gilt nun als die Schule, die Hausaufgaben abgeschafft habe. Kritiker werfen der Schule vor, vor der Faulheit der heutigen Schülergeneration kapituliert zu haben. Zu Unrecht, sagt die Schulelternratsvorsitzende Stefanie Schulz: "Es ist nicht so, dass die Kinder jetzt an jedem Nachmittag zu Hause sitzen und nichts zu tun haben."

Hausaufgaben seien nicht abgeschafft, betont die 32-Jährige. Nur die klassische Form, wie Eltern sie kennen. Die Jungen und Mädchen lernen weiter Vokabel. Die Hauptschüler erhalten nun Wochenaufgaben. Der Aufgabenzettel, im Schuljargon: "To-Do-Liste", hängt im Klassenzimmer aus. Dort steht geschrieben, welchen Lernstoff die Kinder bis zur nächsten Klassenarbeit beherrschen müssen. Die Aufgaben und Lernziele können Eltern und Schüler im Internet auf der schuleigenen Plattform "Iserve" einsehen. Hier würden Lehrer sogar am Abend in ihrer Freizeit Fragen von Schülern beantworten, sagt Stefanie Schulz. Das zeige, dass die Lehrer gerade nicht kapitulieren würden.

Der Anlass, die Hausaufgaben neu zu erfinden, sei gewesen, dass viele Jungen und Mädchen ihre Schulaufgaben am Nachmittag gar nicht oder nur unordentlich erledigt hätten. Die Lehrer verbrachten zu viel Unterrichtszeit damit, vor Schülern auszuharren, die ihr angeblich vergessenes Heft im Schulranzen suchen. Zeit kosteten auch die Einträge ins Klassenbuch und das erteilen von Strafarbeiten. Pro Unterrichtsfach, so haben Lehrer hochgerechnet, seien zehn bis 15 Minuten für Hausaufgabenkontrolle verloren gegangen.

Die Elternratsvorsitzende zeigt sich überzeugt davon, dass die Schüler mit Abschaffung der klassischen Hausaufgaben mehr Aufmerksamkeit ihres Lehrers erhalten würden. Stefanie Schulz begrüßt auch, dass Kinder dadurch früh zu selbstständigem Lernen erzogen würden. "Die Kinder werden jetzt nicht mehr bestraft, wenn sie ihre Aufgaben nicht gemacht haben, sondern für Fleiß belohnt", erklärt Stefanie Schulz einen Vorteil der neuen Hausaufgabenregelung.

Kinder ohne Hausaufgaben? Das könne nicht sein, dachte Stefanie Schulz, als Schulleiterin Eva Helbing am 23. Januar im Schulelternrat das neue Hausaufgabenmodell vorgestellt hatte. Es sei heiß diskutiert worden, erinnert sie sich. "Aber nachdem wir die Lernziele erläutert bekommen haben, stehen wir Eltern voll dahinter", sagt Stefanie Schulz. Niemand könne ernsthaft glauben, dass die Schule die Kinder hängen lassen wolle. Die neuen Regeln, so die Elternratsvorsitzende, sollen nichts anderes, als den Kindern helfen.

Für einen ersten Erfahrungsbericht sei es zu früh, aber: Eltern würden erzählen, dass ihre Kinder jetzt mehr arbeiten würden. Bei den zwei oder drei Klassenarbeiten, die seit Abschaffung der schriftlichen Hausaufgaben geschrieben wurden, seien die Noten nicht schlechter geworden.

Stefanie Schulz glaubt nicht, dass die Schüler es ausnutzen, wenn unerledigte Hausaufgaben straffrei bleiben. Vier Tage habe es gedauert, bis die Jungen und Mädchen begriffen hätten, dass sie freiwillig zu Hause lernen müssen. "Ich denke, den Schülern ist es schon unangenehm, wenn sie im Unterricht nicht mitreden können", sagt sie.

Die Kreisschulternratsvorsitzende Judith von Witzleben-Sadowsky hält die Meckelfelder Initiative für einen lohnenswerten Versuch: "Ich finde Wochenpläne für selbstständiges Lernen gut", sagt sie.

Die Grund- und Hauptschule Meckelfeld interpretiert den neuen Hausaufgaben-Erlass in Niedersachsen offenbar weiter als andere. Das Kultusministerium setzt darin neue, etwa um die Hälfte halbierte Höchstzeiten fest, die nach den Sommerferien gelten sollen. Demnach sollen Grundschüler nicht länger als 30 Minuten an den Hausaufgaben sitzen. Für die Sekundarstufe I ist maximal eine Stunde, für die Sekundarstufe II sind höchstens zwei Stunden vorgesehen. Hintergrund ist, dass der Nachmittagsunterricht stark ausgeweitet wurde. Schüler sollen auch an langen Schultagen Zeit für Hobbys haben.