Änderungen im Handwerksgesetz: Richtlinien der EU sorgen für Bewegung und Unruhe in der Schornsteinfeger-Branche.

Harburg. Seit 1991 hat Peter Mahn, 60, seinen Kehrbezirk 714. Dort, gleich neben dem heutigen Firmensitz in der Neehusenstraße, ist er aufgewachsen. Seine Lehre zum Schornsteinfeger machte er wenige Kilometer entfernt in Wilhelmsburg und kehrte nach fünf Jahren als selbstständiger Meister in Hamburg nach Hausbruch zurück. Seit mehr als 20 Jahren betreut der Bezirks-Schornsteinfegermeister nun 2000 der 22.000 Harburger Kunden in Hausbruch, Neugraben und Borstelbeck. "Mit vielen bin ich per Du, wir haben ein Vertrauensverhältnis wie es zwischen Handwerkern und ihren Auftraggebern selten ist", sagt Mahn. Konkurrenz brauchte er bisher nicht zu fürchten, weil ihm das Gesetz die Alleinvertretung sicherte. Seinen Umsatz von jährlich 130.000 Euro ergab sich aus den festgeschriebenen Gebühren.

Doch das Ende der geordneten Zeiten ist für Mahn absehbar. Nachdem die EU auch in der Branche der sprichwörtlichen Glücksbringer die Dienstleistungsfreiheit anmahnte, musste der Bund das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz ändern. Das Monopol der schwarzen Männer läuft zum 31. Dezember aus. "Jeder Betreiber einer Heizungsanlage kann vom nächsten Jahr an einen Schornsteinfeger seiner Wahl beauftragen, seine Anlage zu reinigen und zu kontrollieren. Er ist nicht mehr an den ansässigen Bezirksschornsteinfeger gebunden", sagt Lutz-Matthias Peters, Vorstandsmitglied der Hamburger Schornsteinfeger-Innung, zu der gut 100 Betriebe in der Stadt zählen. Allein die alle dreieinhalb Jahre vorgeschriebene Prüfung von Öfen und Schornsteinen und die Abnahme von neuen Heizungen bleiben künftig den Schornsteinfegermeistern vorbehalten - als hoheitliche Aufgaben.

Damit ist der Wettbewerb zwischen einzelnen Betrieben vorprogrammiert. So könnten künftig größere Firmen den Bedarf ganzer Regionen abdecken. Eine völlig neue Lage. Denn bisher sind die Kehrbezirke jeweils auf einen Meister mit allenfalls noch einem Gesellen zugeschnitten.

Ob der Service der Schornsteinfeger im kommenden Jahr auch günstiger angeboten werden wird, ist dabei umstritten. Während Haus- und Grundbesitzer darauf hoffen, rechnet die Hamburger Innung allenfalls in den ersten Monaten mit Preissenkungen. Ihre Begründung: Mit der Abkehr vom Regionalprinzip würden für die Schornsteinfeger die Wege zu den Kunden länger. "Dafür reicht dann weder die derzeitige Fahrtkostenpauschale von weniger als zehn Euro noch der Gesamtpreis von 40 bis 65 Euro für den Check einer Gas- oder Ölheizungen aus", sagt Peters. Die Kunden dürften so rasch mehr bezahlen müssen als die rund 140 Euro, mit denen Experten heute pro Jahr für ein Einfamilienhaus rechnen.

Bei der Innung sind jedoch bereits Vorbereitungen angelaufen, um zumindest für Großkunden wie Hausverwaltungen die Preise konstant halten zu können. So soll spätestens bis zum Jahresanfang eine neu gegründete Gesellschaft einsatzbereit sein. Unter dem Titel "Sienum" (Sicherheit, Energie, Umwelt) wird sie die Abrechungen aller Schornsteinfeger bündeln. Dann können die Mitglieder weiter in ihrem Bereich arbeiten, während Sienum ihren Verwaltungsaufwand übernimmt. "Statt für jeden Standort in der Stadt erhalten die Hausverwaltungen dann nur noch eine Rechnung ", sagt Mahn, der in Harburg der Innungs-Bezirksgruppe der Schornsteinfeger vorsitzt.

Klar ist: Die neue Situation bei den Schornsteinfegern werden andere Handwerksbetriebe für sich nutzen. So sind zwischen den Schornsteinfegern und dem Sanitär- Heizungs- und Klimahandwerk (SHK) auf Bundesebene bereits Seminare abgesprochen, die den Installateuren den Einstieg in die Kaminkehrer-Branche ermöglichen. "Unser Kundendienstmonteur, mein Sohn Oliver und ich sind für einen Kurs im Frühjahr bei der Handwerkskammer Lüneburg angemeldet. Nach 40 Stunden und der Prüfung können wir Emissionsschutzmessungen an den Heizungen übernehmen", sagt Uwe Kluth, Chef der Sanitär-, Heizung- und Elektrofirma Kluth & Sohn in Buchholz. Hintergrund: Viele Kunden des Obermeisters der SHK-Innung im Landkreis Harburg würden es gern sehen, wenn die Messungen gleich mit der Wartung der Geräte verbunden werden könnten. "Wir könnten sogar geringfügig günstiger anbieten als die Schornsteinfeger, weil wir einen Weg zum Kunden sparen", sagt Kluth.

Ähnlich dürften noch mehr Chefs von SHK-Firmen denken. Denn das Interesse an der Weiterbildung hält an. So plant die Kammer nach der ersten mit zwölf Meistern in diesem Jahr zwei weitere Seminare für künftige Konkurrenten der schwarzen Männer.

Im Gegenzug weiten die jetzt auch ihre Angebote aus. Sie profilieren sich als Berater für Energiepässe bei Häusern, die deren Energieverbauch dokumentieren, verkaufen und warten Rauchwarnmelder oder prüfen die Lüftungen von innen liegenden Bädern, um so Schimmel in den Räumen zu verhindern. Auch die Außenhülle von Neubauten rücke ins Visier der Branche, erklärt Mahn.

Ob dies alles genügt, um den Umsatz künftig zu stabilisieren, ist offen. Immerhin gehen in den Kehrbezirken auch Kunden verloren, wenn Häuser mit Fernwärme ausgestattet werden und die Eigentümer danach auf einen Schornstein verzichten können.

Mahn sieht die neue Konkurrenz der Handwerker jedoch gelassen. "Bei unseren originären Aufgaben haben wir einen Wissensvorsprung", ist er sicher. Dazu kämen seine langjährig gepflegten Kontakte zu den Kunden. "Doch wenn ein junger Schornsteinfegermeister jetzt einen Bezirk übernimmt, sieht die Lage anders aus", räumt Mahn ein.