Eine Glosse von Lena Thiele

Ich erinnere mich genau an den Tag, an dem ich ein wenig stärker an der Schraube drehte als in den Wochen zuvor. Einen winzigen Augenblick zögerte ich, doch meine Hand hatte schon entschieden: Draußen herrschten Minusgrade und es war Zeit, am Heizungsregler den nächsten Schritt zu machen. Von 2.0 auf 3.0. Man muss ja mit der Zeit gehen.

Und dies war der Beginn eines neuen Abschnitts unserer Geschichte, eine dieser seltenen historischen Veränderungen, die sich ziemlich genau auf einen Zeitpunkt festlegen lassen. Große Entwicklungen setzten sich ja meist nur schrittweise durch, bis sie irgendwann unser Leben durchdringen und keiner mehr weiß, womit das alles eigentlich angefangen hat. Wer versucht, diese denkwürdigen Augenblicke künstlich zu schaffen, scheitert in der Regel - einmal abgesehen von den Apple'schen Jahreskonferenzen.

Aber zurück: Dieser Winter kam, als kaum mehr einer mit ihm rechnete. Innerhalb weniger Tage sackten die Temperaturen von zweistelligen Plus- auf zweistellige Minusgrade ab. Und alle freuten sich. Denn da war sie wieder, die gute alte Zeit, in der Sommer noch Sommer waren und Winter Winter.

Tatsächlich aber brach mit der Drei an der Heizung eine schöne neue Zeit an. Die Menschen erlebten ein Wintermärchen mit Sonne, Eiskristallen und Schlittschuhfahren. Doch jetzt kommt das Blitzeis, die Temperaturen wanken wieder um den Nullpunkt herum und es kündigt sich Schneematsch an. Es wird wieder Zeit fürs altvertraute 2.0 an der Heizung. 3.0, es war schön mit dir.