Nach Vorfall in Tostedt am Wochenende ermittelt der Staatsschutz der Polizei

Tostedt. Geräusche wie aus einem Fernsehkrimi haben Anwohner der Rosenstraße in Tostedt am Wochenende insgesamt dreimal aufgeschreckt. Vor einem Mehrfamilienhaus hatten Unbekannte jeweils mehrere Schüsse abgegeben. Kurz nach diesen Salven hörten die Zeugen, wie das mutmaßliche Fluchtauto der Unbekanten mit hoher Geschwindigkeit davonraste.

"Am Tatort wurden Hülsen einer Schreckschussmunition sichergestellt", sagt Jan Krüger, Sprecher der Polizei im Landkreis Harburg. Mit den Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz sind nach Angaben des regionalen Polizeisprechers Beamte des Staatsschutzes befasst. Denn in dem Mehrfamilienhaus wohne auch ein "amtsbekannter Rechtsextremist".

Die Schüsse galten möglicherweise Stefan Silar. Der 38-Jährige wird vom niedersächsischen Verfassungsschutz als "langjähriger Szeneaktivist" beschrieben. Bei Rechtsradikalen in der Region gilt das von Silar betriebene Bekleidungsgeschäft "Streetwear Tostedt" an der Niedersachsenstraße in Todtglüsingen als Treffpunkt.

Den Szeneladen, in dem auch CDs rechtradikaler Musikgruppen vertrieben werden, hätte Silar eigentlich in den kommenden Wochen schließen sollen. Diese Bewährungsauflage sah ein Urteil des Landgerichts Stade vom August vorigen Jahres vor. Die Verurteilung wegen Landfriedensbruchs wurde aber Ende Dezember vom Oberlandesgericht Celle verworfen.

Als Reaktion darauf gingen am 4. Februar etwa 1000 Menschen in Tostedt auf die Straße. Die Demonstration wurde von der Bürgerbewegung "Tostedt gegen Rechts" organisiert und von allen Fraktionen in Gemeinde- und Samtgemeinderat sowie von Kirchengemeinden, Vereinen und Verbänden in dem Heideort unterstützt.

In dem Prozess war es um eine gewalttätige Auseinandersetzung am Pfingstwochenende 2010 gegangen. Stefan Silar hatte dort eine Schusswaffe bei sich, für die er keine waffenrechtliche Erlaubnis hatte. Urteil: 450 Euro Geldstrafe.

Um Angehörige der rechten Szene den Zugang zu Waffen zu erschweren, werden landesweit derzeit 50 Personen, denen politisch motivierte Straftaten zur Last gelegt werden, vom Verfassungsschutz überprüft. "16 davon stammen aus dem Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Lüneburg", sagt Frank Federau, Sprecher des Landeskriminalamtes in Hannover.

Genauere Daten gab der Behördensprecher auf Anfrage nicht bekannt. Bei einer ähnlichen Aktion in Hamburg klingelten Polizisten und Mitarbeiter der Waffenbehörde am 22. Dezember gegen sechs Uhr morgens auch an den Türen der Wohnungen zweier Rechtsradikaler im Bezirk Harburg, um deren Waffen zu konfiszieren.

Um die Hintergründe der aktuellen Vorfälle in Tostedt aufzuklären, bittet die Polizei um weitere Zeugenaussagen. Die Schüsse fielen am Sonnabend gegen 16.30 und 23.45 Uhr sowie am Sonntag gegen 23.35 Uhr und wurden offenbar aus einem noch unbekannten Wagen abgegeben. Hinweise an den Zentralen Kriminaldienst unter der Telefonnummer 04181/28 50.