Nach Baustopp stellt E.on Alternativtrasse vor. Die ist weiter von Wohnhäusern entfernt als die Ursprungsvariante

Handorf. Die Südvariante der Nordeuropäischen Erdgaspipeline (NEL) steht. Die ursprünglich geplante Trasse, die nördlich um Winsen verlaufen sollte, hatte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit einem Baustopp Ende Juni vergangenen Jahres kassiert. Bürger hatten geklagt. Nun präsentieren die Projektbetreiber eine Alternative südlich der Luhestadt.

Im Falle einer Umsetzung dieser Variante wären die Gemeindegebiete von Tespe, Barum, Marschacht, Handorf, Winsen, Seevetal, Brackel, Marxen, Harmstorf betroffen, einschließlich der Orte Rottorf, Sangenstedt, Luhdorf, Scharmbeck, Pattensen, Thieshope und Ramelsloh. Ursprünglich war der Trassenverlauf in der Nähe der Orte Hunden, Tönnhausen, Laßrönne, Stöckte, Stelle und Ashausen vorgesehen.

"Bevor mit einem förmlichen Planfeststellungsverfahren die geplante Umtrassierung behördlich festlegen lassen wollen, möchten wir den Bürgern der betroffenen Gemeindegebiete unsere Überlegungen vorstellen", sagt Franz-Josef Kißing, Projektleiter von der Open Grid Europe GmbH, die mit der Planung beauftragt ist. Die Bürger sollten Gelegenheit erhalten, Fragen zu stellen und Anregungen zu machen.

Öffentliche Informationsveranstaltungen, bei der die neuen Pläne vorgestellt werden, sind für Dienstag, 14. Februar, um 19 Uhr im Gasthaus Benecke in Handorf und am Mittwoch, 15. Februar, ebenfalls um 19 Uhr im Alten Geidenhof in Hanstedt geplant.

Die Erdgasleitung soll vom Anlandepunkt der Ostseepipeline Nord Stream in Lubmin bei Greifswald über eine Länge von rund 440 Kilometer an Schwerin und Hamburg vorbei bis nach Rehden südlich von Bremen führen. Die Nord Stream, die mit der Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung (OPAL) seit November vergangenen Jahres in Betrieb ist, stellt bereits die Verbindung der sibirischen Erdgaslagerstätten mit dem europäischen Fernleitungsnetz dar.

Über die Leitung wird das in Lubmin ankommende Gas zu den deutschen und europäischen Verbrauchern weiter transportiert, unter anderem in Haushalte in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich und Großbritannien. Die jährliche Kapazität der Leitung beträgt mehr als 20 Milliarden Kubikmeter Gas - das entspricht in etwa einem Fünftel des gesamten deutschen Energiebedarfs.

Die vorgesehenen Investitionen für das Projekt betragen etwa eine Milliarde Euro. Das NEL-Leitungsbauvorhaben ist ein europäisches Projekt, das von der Wingas Gruppe, dem E.on Ruhrgas Konzern sowie dem niederländisch-deutschen Gasnetzbetreiber Gasunie und dem belgischen Netzbetreiber Fluxys realisiert wird.

Auf niedersächsischem Gebiet wurde die Pipeline schon zum Teil verlegt, zwischen Hittbergen im Kreis Lüneburg und Bütlingen im Landkreis Harburg.

"Die neue Südvariante basiert auf einer Trasse, die bereits ins Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren eingebracht wurde", sagt E.on-Ruhrgas-Sprecher Helmut Roloff. "Diese Pläne wurden dann aber verworfen, weil die Trasse sieben Kilometer länger ist, als die vom OVG beanstandete im Norden von Winsen." Darüber hinaus wird dem Unternehmenssprecher zufolge mit dieser alternativen Trasse mehr Landschaft und Natur verbraucht. "Es sind auch mehrere Landschaftsschutzgebiete berührt."

Für die Südvariante fallen rund 14 Millionen Euro Mehrkosten an. "Je Kilometer Erdgasleitung rechnen wir mit zwei Millionen Euro", sagt Roloff. Allerdings verlaufe sie weiter entfernt von der Wohnbebauung als die vom Gericht kassierte Trasse. "Der Abstand beträgt 350 Meter, damit entsprechen wir der Forderung des Gerichtes. Denn bei der ursprünglichen Planung wären es nur 100 Meter gewesen." Und dagegen hatten Bürger geklagt. Sie erreichten einen Baustopp. Wie berichtet, wollte E.on die Pipeline sogar quer unter dem Schulhof der Ashausener Grundschule verlegen.

Durch die Südtrasse sei weniger besiedeltes Gebiet von der Pipeline betroffen, sagt Roloff. "Wir müssen aber viele kleine Tunnel bauen, weil wir etwa den Ilmenau-Kanal, die Autobahn 39 und den Golfplatz in Luhdorf kreuzen", sagt der E.on-Ruhrgas-Sprecher. Ob sich auch gegen die Alternativtrasse Widerstand regen werde, wisse er nicht, sagt er. "Aber es gibt Stimmen, die den größeren Natur- und Landschaftsverbrauch kritisieren."

Überdies wäre es dem NEL-Konsortium ohnehin lieber, an der nördlichen Variante festzuhalten. Abgeschrieben hat es sie noch nicht. "Wir werden noch einmal mit den Klägern sprechen, in der Hoffnung, dass sie ihre Klagen zurückziehen", sagt Roloff. Im Gegenzug solle ihnen noch mehr Sicherheit angeboten werden. "Zum Beispiel, dass die Leitung noch tiefer in den Boden kommt, zwei statt wie bisher geplant einen Meter tief."

Sollten die Gespräche über den bisherigen Trassenverlauf erfolglos bleiben, werde für die neue Südvariante die Planfeststellung für März beantragt werden. "Wenn alles reibungslos abläuft, könnte ab Herbst dieses Jahres weitergebaut werden - und zwar im Süden von Winsen", sagt Rohloff. Das würde eine Verzögerung von einem Jahr bei der Inbetriebnahme der Pipeline bedeuten. Die Zeit dränge, sagt er. "Wir müssen die Leitung schnell anschließen, damit das Gas endlich zu den Kunden in Deutschland und Europa fließen kann."