Seit Freitagnachmittag gibt es ein Fahrverbot auf der Oberelbe. Das Eis bis zu acht Zentimeter dick, die Brecher sind im Dauereinsatz.

Mehr als acht Tage Dauerfrost liegen hinter uns. Und die Frage drängt sich auf, wie lange der bislang so milde Winter seine plötzlich gewachsenen Muskeln spielen lassen will. Laut Einschätzung der Meteorologen noch mindestens eine weitere Woche. Bei nächtlichen Tiefstwerten unter minus zehn Grad und Tageshöchsttemperaturen um minus fünf Grad ist die Eisschicht auf der Elbe bereits auf eine Dicke von gut acht Zentimetern angewachsen, weswegen das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg am Freitag ab 13 Uhr die Bundeswasserstraße zwischen Dömitz und Geesthacht für die Binnenschifffahrt gesperrt hat und ab 16 Uhr auch den Abschnitt von Geesthacht bis zum Hamburger Hafen. Auch der Elbe-Seitenkanal ist dicht.

Bereits seit Donnerstagabend, 19 Uhr, hat die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) laut Sprecherin Karin Lengenfelder ihre fünf Eisbrecher im Dauereinsatz, um das Zufrieren der Hafenbecken zu verhindern. Die Bundesbehörde WSA Lauenburg verlegte gestern Nachmittag ihre acht Eisbrecher vom Hafen Geesthacht zu den Vorhäfen der alten und neuen Harburger Schleuse, um von Harburg aus stromaufwärts das Eis brechen zu können. Dabei geht es nicht darum, die Elbe schiffbar zu halten. Es geht darum, die Eisschollen abfließen zu lassen, um einen Eisstau oder sogenannte Eisversetzungen zu verhindern. Sie könnte eine Überflutung der Deiche zur Folge haben. Der Winter 1986 hätte beinahe zu einer solchen Katastrophe geführt. Damals musste eine Eisbarriere gesprengt werden.

Die Sperrung des Elbstroms zum jetzigen Zeitpunkt kommt bei Binnenschiffern gar nicht gut an. "Das ist viel zu früh", sagt Björn-Martin Peetzke, 31, Schiffsführer auf dem Binnenmotorschiff "Steinau" der Buxtehuder Reederei BKS (Binnenschifffahrtskontor Sommerfeld). Er sagt, dass er vor zwei Jahren noch bei Eisstärken bis 15 Zentimeter gefahren sei. Nun liege er bereits seit Donnerstag in Harburg fest, im Ersten Seehafen. Er würde gern noch elbabwärts über die Pinnau bis zum Zielort Uetersen fahren, wo er seine Ladung, von 848 Tonnen Rohpapier beim Kunden abliefern wolle. Die Fracht hatte er in Braake an der Unterweser an Bord genommen und war über die Mittelweser, den Mittellandkanal, den Elbe-Seitenkanal und die Elbe bis nach Harburg gekommen, wo er vollgepackt im Seehafen festmachen musste. "Im Winter vor zwei Jahren habe ich acht Wochen lang Urlaub machen und warten müssen, bis ich wieder fahren konnte", sagt Peetzke.

Schon sein Großvater sei leidenschaftlicher Binnenschiffer gewesen, und er selbst sei ebenfalls Binnenschiffer mit Leib und Seele. Aber auf "die da oben" - Europa- und Bundespolitik und die Verwaltungen - ist er nicht gut zu sprechen. "Es gibt Fahrtzeitbegrenzungen von 14 Stunden für Binnenschiffe, aber keine ausreichenden Liegeplätze für Pausen", beklagt er die Situation, "die Elbe soll weiter vertieft werden, aber Nebenflüsse wie die Pinnau verschlicken immer mehr und sind nur schwer befahrbar. Und jetzt, beim Eis, da kümmert sich Hamburg Port Authority darum, dass die Hafenbecken für Seeschiffe von den Eisbrechern geräumt werden. Für Binnenschiffe wird nur ganz zum Schluss Platz gemacht."

An seinem Notliegeplatz im Seehafen bat Peetzke gestern über Funk den HPA-Eisbrecher "Dalmann" um Unterstützung, denn ein Bunkerboot müsse anlegen können, um die "Steinau" mit Dieselkraftstoff zu versorgen. "Wir kommen ganz langsam die Elbe nach Harburg rauf", antwortete der Dalmann-Kapitän. "Ganz langsam", sagt Peetzke, "das wird dann wohl wieder lange dauern."

Peetzke ist auch der Ansicht, dass das Wasser- und Schifffahrtsamt seine Eisbrecher nachts fahren lassen könnte, tagsüber würden dann die Binnenschiffe fahren können. So wäre die Elbe immer frei. Peetzke: "Aber bei der Behörde wird nachts nicht gefahren." Bettina Kalytta, Leiterin des WSA in Lauenburg zu den nach Harburg verlegten Eisbrechern: "Unsere Eisbrecher bleiben während der Einsatzzeit in Harburg besetzt. Sie werden den tidebeeinflussten Elbabschnitt zwischen Hamburg und Geesthacht frei halten."

Bruno Jahn, Niederlassungsleiter der Dettmer Reederei in Hamburg, sagt: "Die Behörden sind vorsichtig geworden. Es ist natürlich sicherer, die Binnenschifffahrt auf der Elbe früher einzustellen als zu spät. Wir sind als Tankschiffreederei selbst auf Sicherheit ausgerichtet. Aber es trifft uns natürlich auch hart, wenn unsere Schiffe nicht fahren dürfen, sondern liegen müssen." Die Reederei transportiere hauptsächlich leichtes und schweres Heizöl sowie Diesel- und Otto-Kraftstoffe. Jahn: "Je nach Schiffsgröße und Sicherheitsstufe der Schiffe entstehen uns pro Liegetag Verluste zwischen 1800 und 4000 Euro." Für größere Reedereien seien Ausfallzeiten vermutlich eher zu überstehen als für die Einzelkämpfer, die sich für jeden Frachtauftrag abstrampeln müssten. "Wir haben gut 22 Schiffe auf der Elbe und im Hafen im Einsatz. Ein Teil unserer Schiffe wird während der Eispause in unserem Magdeburger Hafen liegen. Mit dem anderen Teil werden wir im Hamburger Hafen im Einsatz bleiben", sagt Jahn.

HPA-Sprecherin Karin Lengenfelder sagte am Freitag, dass vorerst die fünf Eisbrecher "Hugo Lentz", "Hafenbau 2", "Johannes Dalmann", "Hofe" und "Christian Nehls" im Hamburger Abschnitt der Elbe rund um die Uhr im Einsatz sein werden. Die Zufahrt von der Nordsee nach Hamburg, bis in die großen Hafenbecken hinein, würde vom ständigen Seeschiffsverkehr freigehalten werden. Auf Norder- und Süderelbe und in kleineren Hafenbecken würden Eisbrecher im Takt der Gezeiten arbeiten. Bei Flut werde das Eis gebrochen, stromaufwärts, von unten nach oben. Mit der Ebbe würden die Eisschollen zur Nordsee abfließen.