Eine Glosse von Cornelia Putzbach

In Zügen gibt es keine Fenster zum Öffnen mehr. Das ist halb so schlimm, denn die modernen Klimaanlagen geben ihr Bestes und versorgen uns Reisende mit dem Gefühl von frischer Luft. Es sei denn, sie fallen wegen Überhitzung aus. Oder Unterkühlung. Aber auch eine natürliche menschliche Schwäche kann bewirken, dass ich mich - wie neulich geschehen - fragte: Wo ist die gute Luft? Bin ich beim Tai gelandet? Im Döner? Das natürliche menschliche Bedürfnis ist der Hunger und den möchten immer mehr Menschen sofort befriedigen. Wozu gibt es schließlich die Asia-to-Gos, die schnellen Gourmetbuden, den Fischkiosk. Alle dort angesiedelt, wo Menschen kommen und gehen. An den Bahnhöfen, kurz vor der Abfahrt der Züge.

Und in denen sitzen sie nun, die müden Menschen nach ihrer getanen Arbeit, öffnen genüsslich die kleinen Pappschachteln mit den asiatischen Nudeln oder dem warmem Seelachsbrötchen. Wer isst, riecht nicht, wie die Essensaromen auf andere wirken. Eine natürliche Sperre scheint zu verhindern, dass wir wissen, was wir anderen Nasen zumuten. So hatte ich mir fest vorgenommen, niemals auf dem Weg nach Hause der lukullischen Verlockung zu erliegen und die Mitfahrenden zu stören.

Dann aber ist es passiert, und ich ertappte mich dabei, wie ich es mir mit einem köstlichen kleinen Gericht auf der Fahrt nach Hause gemütlich gemacht habe. Keiner hat was gesagt. Tut mir trotzdem leid, wenn sich manche Nase rümpfte. Ich weiß, wie das ist und nehme mir fest vor, in Zukunft wieder ohne Pappschachtel zu reisen. Versprochen!