Sechstklässler der Waldschule Buchholz trainieren ihr Verhalten in Konfliktsituationen

Buchholz. Dominik streckt den Arm in die Höhe, als Carsten Bünger die Rolle des Busfahrers besetzt. "Du hast eine ganz wichtige Aufgabe", sagt der Beauftragte für Jugendsachen der Polizeiinspektion Harburg. Der Sechstklässler sagt leicht verlegen "Okay", nimmt ein ausgemustertes Lenkrad als Requisite in die Hand und setzt sich nach ganz vorne links. Mit 26 Holzstühlen haben die Schüler der Klasse 6a im Jugendzentrum am Rathaus die Sitzreihen eines Linienbusses nachgeahmt. Busfahrer Dominik muss in dem Rollenspiel Mut beweisen und einen Konflikt unter seinen Passagieren lösen, ohne Gewalt einzusetzen.

"Die Schüler sollen Strategien und Verhaltensweisen erlernen, wie sie sich in Gefahrensituationen verhalten sollen", sagt Polizist Bünger. "Darüber hinaus sollen sie motiviert werden, sich für ihre Gruppe einzusetzen und Zivilcourage täglich zu leben." An jeweils zwei Vormittagen hat er mehrere aufeinander aufbauende Übungen für die beiden sechsten Klassen der Waldschule angeleitet. Anfangs ging es darum, Ausgrenzung erlebbar zu machen. Einzelne Schüler wurden dazu vorübergehend von ihren Klassenkameraden getrennt. Als sie zurückkamen, wurden sie von ihren zu Gesprächskreisen beieinander stehenden Mitschülern absichtlich komplett ignoriert.

"Solche Szenen auf den Schulhöfen sind die Vorstufe des Mobbings", sagt Carsten Bünger. "Um solchen Erscheinungen vorzubeugen, will ich nicht immer nur auf aktuelle Probleme reagieren", beschreibt er seine Präventionsarbeit. Lernen sollen Kinder und Jugendliche einerseits, wie sie Konflikte gewaltfrei lösen. Beim "Stoppspiel" geht es darum, potenzielle Angreifer verbal und durch abwehrende Körpersprache auf Distanz zu halten: Sie strecken ihrem Mitspieler die flache Hand entgegen und rufen laut "Stopp".

Andererseits sollen die Teilnehmer in Übungen lernen, zu ihrer eigenen Meinung zu stehen. Bünger: "Es ist für junge Menschen ganz schwierig, sich gegen ihre 'Freunde' aufzulehnen." Das sei aber sehr wichtig, um zum Beispiel angebotene Zigaretten oder andere Suchtmittel abzulehnen. Im Themenblock "Zivilcourage" üben die Schüler, anderen zu helfen und sich dabei aber auch selbst zu schützen.

"Es muss zur tragenden Haltung werden, dass man sich anständig benimmt", sagt Mechthild Herkenhoff. Die Sozialarbeiterin an der Grund- und Hauptschule an der Parkstraße im Zentrum der Nordheidestadt greift sonst nur bei Konflikten ein. "Es macht aber Sinn, schon sehr früh mit dem Training sozialer Kompetenzen zu beginnen", sagt sie. Oftmals würden solche Themen erst in den Unterrichtsstunden zur Vorbereitung auf Bewerbungen und Berufseinstieg behandelt.