Niedersächsische Landesforsten bereiten größte deutsche Nadelwertholzsubmission vor. 2017 Stämme im Angebot

Oerrel. Die Vorbereitungen auf dem Lagerplatz in Oerrel im Landkreis Soltau für die größte deutsche Nadelwertholzversteigerung sind abgeschlossen. Unter dem wachsamen Blick von Förster Rolf Sund sind 2017 Fichten-, Lärchen- und Douglasienstämme auf dem rund vier Fußballfelder großen Lagerplatz sortiert und geordnet aufgereiht worden. Es sind die Sahnestücke aus norddeutschen Wäldern, die am 8. Februar den Besitzer wechseln sollen - gegen Höchstgebot.

"Wochenlang rollten die Holzlastzüge hier an. Keinesfalls darf ich Bäume verwechseln und schon gar nicht stapeln. Jeder Stamm muss frei liegen, denn natürlich will der Kunde ihn von allen Seiten betrachten können", sagt Forstmann Sund, der aus langjähriger Erfahrung weiß, wie man die Edelstämme ins rechte Licht rückt.

Insgesamt werden gegen schriftliches Meistgebot vergeben: 1059 Festmeter (Fm) Kiefer, 1052 Fm Lärche, 613 Fm Douglasie und 20 Fm Fichte. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse, also ohne Zwischenräume. Den Rekord des stärksten Baumes mit 7,1 Fm hält dieses Jahr eine Douglasie. Sie stammt aus den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, misst 16,5 Meter und weist in der Stammmitte einen Durchmesser von 74 Zentimetern auf.

Das Spitzenholz für die Furnier- und Möbelindustrie, aber auch für hochwertige Dielen und Fenster, stammt aus den Wäldern der Landesforsten sowie verschiedener privater Waldbesitzer in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig Holstein und Hamburg. Wertholz aus der hiesigen Region liefern unter anderem die Niedersächsischen Forstämter Oerrel, Sellhorn, Göhrde, Unterlüß und Harsefeld sowie die Stadtforsten Lüneburg, Uelzen, Munster und Walsrode, und die Forstwirtschaftliche Vereinigung Lüneburg.

Die Geschichte dieser Versteigerung begann vor 20 Jahren. Bis 2001 wurden sie mündlich abgehalten. Rainer Soyka, Leiter des Forstamtes Oerrel, erinnert sich: "Die Versteigerungen fanden in einer Bispinger Kneipe statt. Die Luft stand vor Zigarrenqualm und jeder Holzverkäufer pries sein Holz an. Geboten wurde in Fünf-Mark-Schritten. Der eine konnte es besser, andere waren weniger gut." Weil es wohl auch Mauscheleien gab, Bieter sich absprachen, um für einen möglichst niedrigen Preis zu ersteigern, und zunehmend mehr Holzhändler oftmals nicht anwesend sein konnten, entschieden sich die Verantwortlichen nicht nur in Oerrel für das schriftliche Submissionsverfahren. "Schummeln lässt sich dabei nicht", sagt Soyka. Kulturell allerdings sei das Leben um eine Attraktion ärmer geworden; doch werde man bei der Submission bleiben.

"Der Termin hat in Fachkreisen einen guten Namen, und die Ergebnisse sprechen für sich. Die Stämme hier auf dem Platz versprechen einen Umsatz von circa einer halben Million Euro. Das macht ungefähr 200 Euro pro Festmeter", sagt der Forstamtsleiter. "Oerrel genießt bundesweit große Reputation." Und der 59-Jährige ergänzt: "Die vielfältigen Angebote, die besondere Art der Präsentation und die sehr gute Qualität der Hölzer locken jedes Jahr Käufer aus ganz Deutschland nach Oerrel."

Vor Ort wird jeder Stamm von ihnen nach Stärke, Jahrringaufbau, Astnarben und Farbe eingehend beurteilt. Denn obwohl alle Interessenten und Kunden einen Katalog erhalten, der auch im Internet einsehbar ist, kauft niemand von ihnen, ohne das Holz nicht zuvor selbst in Augenschein genommen zu haben.

"In der heißen Phase herrscht ein Kommen und Gehen. Gewöhnlich reisen die potenziellen Bieter zu zweit an, um die Objekte ihrer Begierde gewissenhaft begutachten zu können", sagt der studierte Forstwirt. "Wir nennen das: Sie sprechen den Stamm an."

Die einen sind auf der Suche nach Holz für Langdielen, andere - wie der Möllner Holzgroßhändler Sven Michelsen - fahnden nach astreinem Wertholz für den Bau von Musikinstrumenten, Fensterleisten und Kulissen. Mit hochwertigem Holz beliefert er außer Theatern und Staatsopern auch Instrumentenbauer wie das Braunschweiger Unternehmen Schimmel und den Klavier- und Flügelbauer Steinway. "Bei der bevorstehenden Nadelwertholzsubmission bieten auch wir mit, und zwar losweise pro Festmeter", sagt er. "Wir suchen möglichst starkes und feinringiges Holz ohne Astbeulen."

Dass es solches Holz gibt, ist kein Zufall. Damit Holz wertvoller wird und die untere Stammhälfte möglichst astfrei und lang wächst, können Bäume während der Wachstumsphase entastet werden. Holzfachmann Sven Michelsen, der seine Firma in der vierten Generation führt: "Das aber ist mit einem großen Aufwand verbunden. Kenner können anhand der Jahresringe nachvollziehen, in welchem Jahr entastet worden ist."

Vor Jahren suchte das Sägewerk Harling aus Bergen im Landkreis Celle Trägerbalken in riesigen Dimensionen für den Bau der Colossos-Achterbahn im Heidepark Soltau. "Bis zu zwölf Meter lange Kiefernstämme benötigten wir dafür. Das Holz muss da, wo die Balken Schienen tragen, extrem hohen statischen Anforderungen standhalten", sagt Verkaufsleiter Holger Rabe. Forstamtsleiter Rainer Soyka erinnert sich: "Sie suchten Kieferstämme mit einem Durchmesser von mindestens 40 Zentimeter in acht Metern Höhe." Das Rotenburger Holzbauunternehmen Cordes verbaute die vom Sägewerk zugeschnittenen 90 000 Holzteile in 275 000 laufenden Metern Achterbahn.

Allerdings fertigt das Celler Sägewerk auch kleinere Teile wie beispielsweise die klassischen Hamburger Leisten. Sie findet man vor allem in Altbauten. Hierfür eigenen sich ebenso Kieferstämme, die das Werk auf der Wertholzsubmission in Oerrel ersteigert. Preislich angezogen hat in den vergangenen Jahren vor allem die Lärche, ein eher seltener Baum. Ihr Anteil an der Gesamtwaldfläche in Deutschland beträgt rund drei Prozent. Das Holz mit dem rötlichen bis gelben Kern ist relativ teuer. Bereits im vergangenen Jahr war die Lärche die Gewinnerin in Oerrel mit einem Durchschnittserlös von 221 Euro pro Festmeter (plus 15,7 Prozent). Mit einem Höchstgebot von 689 Euro pro Festmeter wurde für diese Holzart der bisher höchste Wert erzielt.

Einen Mast aus hochwertigem Lärchenholz spendete das Forstamt für den Bau des Lüneburger Salz-Ewers. Das nach historischem Vorbild nachgebaute Plattbodenboot liegt im alten Lüneburger Hafen. Das Partnerschiff der Stecknitz-Prahm schmückt ein Mast aus Douglasienholz, gestiftet von dem Scharnebecker Revierförster Burkhard von List.

Der teuerste Stamm der Submission im vergangenen Jahr war eine zwölf Meter lange Douglasie mit 6,49 Festmetern aus dem Niedersächsischen Forstamt Neuhaus. Sie erzielte einen Gesamterlös von 2018 Euro. Bei der Kiefer steigerte sich 2011 der Durchschnittspreis um 14,5 Prozent auf 142 Euro für den Festmeter.

Besonders wertvolle Stämme werden in der Regel einzeln als Einzellose angeboten. Bietet jemand mehrere homogene Eigenstämme an, werden sie als Sammellose präsentiert. 596 Losnummern zählt die diesjährige Gebotsliste. Geöffnet werden die Gebote am 8. Februar um 10 Uhr. "Um 14 Uhr rufen die ersten Käufer an, um zu erfahren, ob sie erfolgreich geboten haben", sagt Ellen Byng, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit in Oerrel. "Erst wenn die Ware bezahlt ist, kann das Holz abtransportiert werden. Nach einer Woche ist der Platz dann wie leer gefegt."