Ab Montag müssen Eltern entscheiden, wo ihre Sprösslinge im August eingeschult werden sollen. In Harburg gibt es Alternativen im Dutzend.

Harburg. Für 1391 Kinder in den südlichen Hamburger Stadtteilen beginnt mit der Einschulung am 7. August der "Ernst des Lebens". Den Eltern der Erstklässler wird aber schon jetzt ein bedeutsames Votum abverlangt: Von Montag an müssen sie sich bis spätestens 3. Februar entscheiden, welche Schule ihre Sprösslinge besuchen sollen. Während im angrenzenden Niedersachsen faktisch die "Grundschule um die Ecke" gewählt werden muss, offenbaren sich den "Erziehungsberechtigten" im Bezirk Harburg gleich Alternativen im Dutzend. Ohne Finkenwerder/Altes Land kommen in drei sogenannten Anmeldeverbünden insgesamt 22 Schulen in Betracht. Da kann die Wahl leicht zur Qual werden.

"Prinzipiell können Eltern ihre Kinder für jede Grundschule in Hamburg anmelden, vorausgesetzt, diese Schule hat noch freie Plätze", sagt Thomas Bressau von der Behörde für Schule Berufsbildung. Die Anmeldeverbünde basieren auf dem "Sprengelprinzip" und ersetzten 2005 die bis dahin maßgeblichen Schuleinzugsgebiete. "Grenzen für Anmeldeverbünde sind in der Regel große Verkehrsadern, aber auch die Bezirksgrenzen", so Bressau.

"Fraglos entscheiden viele Eltern aus rein logistischen Gründen vor allem nach lokalen Gesichtspunkten", weiß Birgitta Lindhorst, Schulleiterin der Grundschule Marmstorf im Ernst-Bergeest-Weg 54. Auch sie präferiere durchaus das "wohnortnahe Beschulen", um einen unnötigen (Auto-)Transport der Kinder zu verhindern: "Der Grundsatz ,kurze Beine - kurze Wege' ist deshalb ganz entscheidend für die Annahme eines Kindes an einer Schule." Darüber hinaus gebe es aber eine Fülle weiterer Kriterien, die bei der Schulwahl ebenfalls eine Rolle spielen, so die Pädagogin.

Zu von Eltern häufig genannten Kriterien zählen zum Beispiel die Anzahl der Schüler pro Klassen. Die ist seit zwei Jahren mit 23 gedeckelt. Größere Klassenverbände bedürfen einer ausdrücklichen Zustimmung der Schulbehörde und sind nur in Ausnahmefällen zulässig. Doch auch der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund ist oft von Bedeutung.

Überdies werden eine Ganztagsbetreuung, spezielle Fremdsprachenangebote und reguläres Mittagessen verstärkt nachgefragt. Eine zunehmende Rolle spielt offenbar auch die Ausstattung der Schule, von höhenverstellbarem Mobiliar, über interaktive Whiteboards bis zu speziellen Räumen mit Computerterminals. Bei all diesen Punkten können Schulen unter Umständen kräftig "punkten", im Zweifelsfall aber auch potenzielle Schüler aus ihrem unmittelbaren Einzugsgebiet an andere Mitbewerber verlieren.

Große Unsicherheit hat bei vielen Eltern die im Vorjahr grandios gescheiterte Schulreform hinterlassen. Soll ich mein Kind mit Blick auf den angestrebten Besuch eines Gymnasiums ab Klasse fünf lieber in einer Grundschule mit nur vier Jahrgängen anmelden, oder darf es auch eine Grundschule mit sechs Jahrgängen sein?

Laut Thomas Bressau ist der Wechsel aus letzterer problemlos möglich. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Paragraf 10 des Hamburgischen Schulgesetzes, wonach "die Teilnahme an einem Schulversuch oder der Besuch einer Versuchsschule freiwillig" sind. Im Vorjahr haben in ganz Hamburg insgesamt 108 Schüler eine Grundschule mit sechs Jahrgängen vorzeitig verlassen, um ab Klasse fünf eine weiterführende Schule zu besuchen. Allein an der Grundschule Grumbrechtstraße in Heimfeld waren es 46. Damit schrumpfte der entsprechende Jahrgang exakt um die Hälfte.

Diese Situation stellte das Kollegium um Schulleiter Rainer Kühlke vor etliche Probleme. "Ich hoffe, dass uns ein ähnlicher Schwund in den nächsten Jahren erspart bleibt", sagt Kühlke. Schließlich müsse die Schule ja eine gewisse Planungssicherheit haben, um einen effizienten Unterrichtsbetrieb sicherstellen zu können - auch über die vierte Klasse hinaus. "Ich erwarte deshalb, dass sich die Eltern mit unserem auf sechs Jahre angelegten Konzept bewusst vertraut machen, bevor sie ihre Entscheidung fällen", so Kühlke.

Um den Übergang in die weiterführenden Schulen ab Klasse sieben besser zu gestalten, arbeitet die GS Grumbrechtstraße sehr eng mit der Stadtteilschule Eißendorfer Straße und den beiden Gymnasien im Stadtteil zusammen. "Dass unsere Schüler gut vorbereitet aufs Gymnasium wechseln, ist uns zuletzt erst wieder vom Heisenberg-Gymnasium bestätigt worden. Dort gehören unsere Abgänger hinsichtlich der Leistungsstärke fast durchweg zum oberen Drittel", sagt Kühlke.

Zudem hätten, abgesehen von den vorzeitigen Wechslern aufs Gymnasium, in den vergangenen beiden Jahren nur zwei Schüler die Grundschule Grumbrechtstraße auf eigenen Wunsch verlassen. Im Gegenzug erhalte der Schulleiter aber pro Woche vier bis sechs Anfragen von Eltern, deren Kinder künftig auf die GSG gehen sollen. Kühlke: "Das beweist doch, dass wir als Schule sehr attraktiv sind und einiges zu bieten haben."

Stringent und zeitgemäß wirkt das Hamburger Schulsystem beim Übergang von der Grund- zu einer weiterführenden Schule nicht. Viel wichtiger ist Thomas Bressau derweil die Frage nach der Qualität von Unterricht und der bestmöglichen Förderung aller Schüler: "Daher hat der Senat folgende fünf Big Points auf die Agenda gesetzt: Ausbau des Ganztagsschulsystems, Verbesserung der Unterrichtsqualität, Inklusion, erfolgreicher Übergang in den Beruf und Abbau des Sanierungsstaus."

Das Abendblatt präsentiert in der kommenden Woche in seinem Regionalteil Harburg einen umfassenden Check aller Harburger Grundschulen. In vier Folgen werden zudem weitere wichtige Aspekte zum Thema beleuchtet. Los geht es am Dienstag mit den Schulen im Harburger Zentrum.