Staatsanwaltschaft bietet Einstellung einiger Verfahren wegen “Schotterns“ an

Lüneburg. Der Castor-Transport 2010 nach Gorleben wirkt noch immer nach. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg bietet Unterzeichnern der Kampagne "Castor? Schottern!" an, Ermittlungsverfahren gegen sie einzustellen, wenn sie einer gemeinnützigen Organisation Geld spenden. Die Initiative "Castor? Schottern!" hatte dazu aufgerufen, den Atommüllzug ins Wendland aufzuhalten. Als Mittel, den Zug zu stoppen, sollten Steine aus dem Gleisbett der Zugstrecke entfernt werden. Das wird in der Szene auch "schottern" genannt.

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt gegen 1800 Unterzeichner. Etwa einem Dutzend von ihnen machte sie jetzt das Angebot, die Verfahren einzustellen, wenn sie im Gegenzug zwischen 50 und 100 Euro an gemeinnützige Organisationen spenden. Für den Fall, dass nicht gezahlt wird, soll es zu einer Anklage kommen.

Bei den Castor-Gegnern, die jetzt das Angebot erhalten haben, handelt es sich um Frauen und Männer, die die Tat eingeräumt, sich aber nicht von ihr distanziert haben. "Trotzdem wird mit dem Angebot einer Spende als Auflage der Verfahrenseinstellung noch der Eindruck aufrecht erhalten, dass das mutmaßliche Unterzeichnen der Schottern-Erklärung irgendwie bestraft gehört", heißt es auf der Internetseite der Kampagne, unterzeichnet von der Schottern-Rechtshilfe. Gleichzeitig gäbe es so eine Rechtfertigung für die nach ihren Worten absurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: "Denn wenn gezahlt wird, gestehen wir irgendwie ein, dass wir diejenigen sind, die etwas wiedergutmachen müssten."

Aus rechtlicher Sicht handelt es sich beim Schottern um eine Straftat, die eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen kann. Bislang ist es jedoch noch zu keiner Anklage gekommen.

Dennoch habe man Verständnis für diejenigen, die das Angebot der Staatsanwaltschaft annehmen würden, so die Schottern-Rechtshilfe. Allerdings sei das Ziel der Kampagne, sich auch gegen diese abgemilderte Form der Repression gemeinsam und politisch zur Wehr zu setzen. "Wenn viele von uns nicht zahlen, ist allein die Masse der Anklagen ein wahnsinniger Aufwand." Denn vor Gericht, so die Schottern-Rechtshilfe, könnte die Staatsanwaltschaft kaum nachweisen, wer tatsächlich eine Erklärung unterzeichnet habe, wenn zur Sache die Aussage verweigert werde.

Bislang wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits 325 Verfahren eingestellt, weil die Unterzeichner nicht zweifelsfrei identifiziert werden konnten. Von einer Überforderung der Staatsanwaltschaft wegen der großen Zahl an Fälle könne jedoch keine Rede sein, so die Behörde.