Nach dem Großfeuer im Binnenhafen berichten Nachbarn von ihren Erlebnissen. Die Feuerwehr räumt derweil auf und sichert die Brandstelle.

Harburg. Immer noch qualmt es in den Trümmern der ehemaligen Kautschuk-Lagerhalle der Firma Cotterell an der Nartenstraße, die am Montag abbrannte. Nur noch einige Fragmente der Grundmauern ragen hervor. Feuerwehr und Polizei sind auf dem Gelände, suchen in den verkohlten Resten nach Spuren, denn die Brandursache steht immer noch nicht fest.

Der Schaden sei laut Feuerwehr bislang nicht zu beziffern. Die große Hitze hat Stahlträger verbogen und Löcher in den Asphalt auf der Nartenstraße geschmolzen. Löschschaumflocken wirbeln durch die Luft, überall auf dem Gelände liegen Kautschukplacken, verflüssigtes Gummi sammelt sich in den Höfen der umliegenden Gebäude. In einem Container liegen kaputte, durch Latexreste verklebte Schläuche. Es stinkt nach verbranntem Gummi. Ein Polizeihubschrauber kreist über dem Unglücksort.

50 Feuerwehrleute kühlen die Brandruine und sind mit Nachlöscharbeiten beschäftigt. Durch den Wind lodern immer wieder Glutnester auf. Einer der Helfer wirft seine mit Kautschukmilch verschmierte Schutzkleidung in einen Container. "Das dickflüssige, braune Zeug klebt überall, sogar die Einsatzfahrzeuge müssen aufwendig gereinigt werden", sagt Feuerwehrsprecher Martin Schneider und reibt sich die Augen. Seit Stunden ist er im Einsatz. Am Montag, gegen 14.30 Uhr, alarmierte ein Angestellter eines Logistik-Betriebs die Feuerwehr, als er bei der benachbarten, etwa 3000 Quadratmeter großen Halle Brandgeruch bemerkte. "Kurz danach schlugen auch schon die Flammen aus dem Dach. Wir hatten Angst, dass das Feuer auf unsere Halle übergreift", sagte Mitarbeiter Norbert Höcker. Außerdem seien in dem Gebäude Gasflaschen, mit denen die Gabelstapler betrieben werden, gelagert. Die Gasbehälter explodierten. Das brennende Heizöl sorgte für eine enorme Hitzeentwicklung, Flammen und Qualm stiegen meterhoch in den Himmel. Immer wieder versuchten die Brandschützer, ins Innere der Halle zu gelangen. Das war allerdings aufgrund der Hitzeentwicklung nicht möglich.

Der dichte Qualm war sogar in der Hamburger Innenstadt zu sehen

Am späten Nachmittag mussten die Helfer die Halle aufgeben und konzentrierten sich darauf, umliegende Gebäude, darunter auch eine Tankstelle, zu schützen. Der dichte Qualm war sogar in der Hamburger Innenstadt zu sehen, vernebelte den Binnenhafenbereich, bis hin zur Wilhelmsburger Reichsstraße.

"Es war schlimm", sagt Schneider. Die Nachlösch- und Reinigungsarbeiten würden noch tagelang andauern. Auch die Umweltschäden müssen beseitigt werden. Verflüssigtes Naturgummi gelangte in Siele und ins Binnenhafenbecken. Dort, auf der Wasseroberfläche, treibt außerdem eine weiße Flüssigkeit - die Feuerwehr hatte 40 000 Liter Löschschaum eingesetzt. Das Unternehmen, bei dem Martin Höcker arbeitet, hat Glück gehabt. "Bei uns ist Löschwasser und Kautschukmilch in die Halle gelangt. Außerdem wurden Schläuche durch die Halle geleitet, um näher an den Brandort zu kommen. Das Wasser muss jetzt abgepumpt und die Halle gereinigt werden", sagt Höckers Kollege Martin Mietzner. Mitten in einem See aus verflüssigtem Kautschuk steht ein Sattelzug. An Arbeit sei nicht zu denken. Mietzner hat immer noch das Flammeninferno vor Augen. "Sowas habe ich noch nie erlebt. Das war schlimm."

Sarah Wiese, Angestellte der Firma Hermann Stitz, die sich schräg gegenüber des Brandortes befindet, war ebenfalls dabei, als die Feuerwehrhelfer versuchten, die Flammen zu löschen. "Unser Gebäude wurde evakuiert. Einige Kollegen mussten ihre Autos stehen lassen. Wie die jetzt aussehen, voller Ruß und Kautschukreste...", sagt sie. Das Dach des Hauses sei kaputt, ebenso einige Fenster, auch die Fotovoltaikanlage habe gelitten. "Nichtsdestotrotz sind wir froh, dass das Gebäude nicht abgebrannt ist." Sarah Wiese und ihre Kollegen sind beeindruckt von der Arbeit der Feuerwehrleute, haben ihnen Thermoskannen mit heißem Kaffee nach draußen gestellt. "Es sieht hier aus, wie nach einem Krieg, unglaublich", sagt sie.

Jan Heißmann, der ein Erd- und Kulturbauunternehmen betreibt, begutachtet unterdessen mit einem Kollegen die Asphaltschäden. "Der Belag muss bestimmt erneuert werden. Da sind viele Löcher drin", sagt er. Kopfschüttelnd steht er vor der qualmenden Ruine. "Die Feuerwehrmänner sind für mich Helden. Dass die sich mitten in das Flammeninferno gewagt hatten, ist mutig."

"Die kann ich wegschmeißen, das geht nicht mehr raus."

Seine Schuhe sind mit Kautschukplacken bedeckt. "Die kann ich wegschmeißen, das geht nicht mehr raus." Deshalb hat sich Jens Hiddessen von der Firma Eurocopter, die sich ebenfalls in der Nähe der Brandruine befindet, blaue Plastiksäcke über die Schuhe gestülpt. "Ich war bis 23 Uhr vor Ort, hatte befürchtet, dass wir hier auch was abkriegen. Das war glücklicherweise nicht der Fall", sagt er und erzählt von den Bemühungen der Feuerwehrleute, die Flammen abzuhalten und von den Kautschuk- und Löschwasserseen, die sich vor der Eingangstür des Unternehmens ansammelten. "Wir haben den Feuerwehrleuten einige Paletten ausgehändigt, damit sie sich inmitten der Flüssigkeitsansammlungen bewegen konnten", sagt er.

Einige Feuerwehrleute machen in der Nähe der Ruine Pause, essen belegte Brote und trinken heißen Kaffee. Man sieht ihnen die stundenlange Arbeit an der Brandstelle an. Ein Helfer deutet auf die Ruine, zeigt auf einen knallroten Feuerlöscher, der unversehrt an einer offenbar halbwegs flammenresistenten Eisentür hängt und schüttelt erstaunt den Kopf.