Der ehemalige Güterbahnhof am Schellerdamm wird zum Büro- und Wohnquartier umgestaltet

Harburg. Tschüs Hafencampus, hallo "Harburger Brücken": Das Immobilienmanagement-Unternehmen aurelis Real Estate Management weckt das 89 000 Quadratmeter große ehemalige Güterbahnhofareal zwischen Schellerdamm und östlichem Bahnhofskanal und Hannoverschen Straße aus dem Dornröschenschlaf und startet eine große Erschließungs- und Vermarktungsoffensive für die "Harburger Brücken". Denn so soll das Baugebiet künftig heißen.

Verwaltung verzichtet auf Verbindung nach Neuland

"Wir planen eine Mischung zwischen Wohn-, Büro- und Gewerbebebauung", sagt aurelis-Geschäftsführer Ivo Iven - mit der Betonung auf "wir", denn damit die Firma im Binnenhafen investiert - samt Infrastruktur- und Hochbauvorhaben beläuft sich das Volumen auf etwa 200 Millionen Euro - musste die Stadt und damit der Bezirk Zugeständnisse machen. Die Verwaltung verzichtet unter anderem auf eine geplante Fußgängerverbindung nach Neuland hinüber. "Macht nichts, denn die Brücke über den Güterbahnhof kommt eh noch lange nicht", so Baudezernent Jörg Penner.

Einige Verpflichtungen, die bislang Investoren davon abgeschreckt haben, sich des verwilderten Idylls anzunehmen, konnten im Rahmen von Verhandlungen zurückgenommen werden. So unter anderem die Vereinbarung, einen Linksabbieger von der Seehafenstraße in Richtung Blohmstraße zu bauen. "Das wird sehr schnell sehr teuer für einen Investor, denn auch Bahnanlagen müssen dort rückgebaut werden", so Penner. Auch das Stromleitungsproblem ist die Stadt los. Im Rahmen eines außergerichtlichen Mediationsverfahrens wurde, wie berichtet, geklärt, dass aurelis sich um die unterirdische Verlegung der sich auf dem Areal befindlichen 110-KV-Freileitung kümmert.

Andererseits verliert die Stadt erheblich an stadtplanerischem Einfluss. Das zeigt sich nicht nur an der Straßenführung, die aurelis innerhalb der "Harburger Brücken" bestimmt, sondern auch an der Art der Bebauung. Will aurelis eine Mischung aus 200 Wohn- und 35 000 Büroeinheiten errichten lassen, wünscht sich der Bezirk stattdessen einen stärkeren Anteil an Mietwohnungen. "Der Wirtschaftsverein hat vorgeschlagen, dass 1000 Wohneinheiten optimal für den Binnenhafen wären", so Penner. Von aurelis kommt indes keine klare Ansage über die 200 Wohneinheiten hinaus. Man könne sich aber, so Iven, eine Aufstockung auf 400 Einheiten vorstellen.

Wie künftig der alte Güterbahnhofkanal mit den historischen Schute-Halteringen aussehen wird, ist ebenfalls "Investorensache", sagt der Baudezernent und räumt mit den Gerüchten auf, der Kanal würde als Schlickablagerunghalde für die U 4-Baustelle herhalten müssen. Der alte Güterbahnhofschuppen, in denen kulturelle Veranstaltungen stattgefunden haben, die hamburgweite Beachtung fanden, wird wohl ebenfalls nicht bestehen bleiben. Auch hier gilt: "Investorensache."

Parkhausgesellschaft sichert sich 8000 Quadratmeter am Veritaskai

Um welche Unternehmen es sich handelt, die am Brückenquartier bauen wollen, ist noch nicht bekannt. "Wir stehen in Verhandlungen", so Harald Hempen, Leiter der Region Nord von aurelis. Eine Fläche indes ist schon weg: 8000 Quadratmeter am Veritaskai hat sich die HPG Harburger Parkhausgesellschaft gesichert. Bereits im Januar 2008 hatte HPG 3500 Quadratmeter für den Bau einer Quartiersgarage gekauft, die dann im April 2009 eingeweiht wurde. "Wir planen eine Bebauung mit Büros und Wohnungen sowie ein kleines Energiekraftwerk. Das ist sehr wirtschaftlich und zieht Mieter an", so Architekt Frank Lorenz. Befürchtungen, dass die Büros künftig leer stehen wie im benachbarten Channel, hat er nicht. "Der Bauunternehmer Arne Weber hatte seinerseits mit dem Channel gute Ansätze verwirklicht, sie aber nicht konsequent genug vermarktet. Den Fehler machen wir hier nicht", so Lorenz. Außerdem habe er bereits eine "70- bis 80-prozentige Miet-Auslastung für seine Gebäude erreicht. "Sonst würden wir gar nicht erst bauen."

Auch aurelis hofft auf die Attraktivität des neuen Brücken-Stadtteils. "Wir haben hier einfach die moderneren Büros", so Hempel. Und der Fahrplan für die "Harburger Brücken" steht eh schon fest: Zunächst verschwinden die über das Gelände laufenden 110-KV-Freileitungen in der Erde. Ab Oktober 2010 wird Energielieferant Vattenfall mit neuen Verlegungsarbeiten beginnen. Gleichzeitig sollen die ersten alten Bahn-Gebäude abgerissen werden. Im Sommer 2011 starten die Erschließungsarbeiten. Dann soll es schick werden auf dem ehemaligen Güterbahnhofgelände. Aurelis, 2002 gegründet als Tochter der Deutschen Bahn, verfügt über ein Portfolio von 27 Millionen Quadratmeter ehemaliger Bahnflächen für Entwicklungsprojekte.