Pensionäre und Eltern fördern in der Grundschule Neu Wulmstorf das frühe Verständnis für Naturwissenschaften

Neu Wulmstorf. Erwärmte Luft dehnt sich aus und wird leichter als seine Umgebung - deshalb können Menschen mit dem Heißluftballon fahren. Zu kompliziert für neun und zehn Jahre alte Grundschüler? Nicht wenn die beiden Ingenieure im (Un-)Ruhestand, Werner Gutke und Dietrich Zimmermann, physikalische Phänomene erklären. Mit Hilfe eines Toasters auf dem Fußboden lassen sie einen Plastiksack aufsteigen - bis an die Decke des Klassenzimmers. Die Jungen und Mädchen bekommen große Augen, lachen und rufen: "Noch mal!" Und ganz nebenbei beim Spielen bleibt den Kindern noch die Theorie, so Flüchtiges wie Sauerstoff und Stickstoff, im Kopf hängen.

Verblüffendes aus der Welt der Physik steht immer am Freitag bis zu zwei Stunden auf dem Lehrplan der Grundschule An der Heide in Neu Wulmstorf. Seit Neuestem lernen hier sogar Vorschulkinder das, was normalerweise erst ab der fünften Klasse unterrichtet wird. Die Grundschule, der Spielkreis HeideBären und der benachbarte Lutherkindergarten mit insgesamt 350 Jungen und Mädchen sind Partner in einem Kooperationsprojekt "Brückenjahr" mit Lernwerkstatt. Die wöchentliche "Phänomenta" mit Beteiligung von Vorschulkindern ist in dieser Form bisher einmalig im Landkreis Harburg. Die 20 000 Euro Startkapital haben die Projektpartner von Spendern aufgetrieben. Die Gemeinde Neu Wulmstorf hat sich mit 2500 Euro beteiligt.

"Die Naturwissenschaften kommen an den Grundschulen zu kurz. Wir schließen eine Lücke", sagt Schulleiterin Ulrike Schaack-Knoop. Der Vorteil: Wenn die Kinder wechseln, die Jüngsten auf die Grundschule oder die Viertklässler an die weiterführenden Schulen, haben sie einen Wissensvorsprung.

Zusätzliche Angebote von Müttern und Vätern außerhalb der Unterrichtszeit, zum Beispiel Schach oder Mathematik, bietet die Grundschule An der Heide bereits seit 2003 an. Das Prinzip dabei: Fördern und Fordern. Im Mai 2006 traten Werner Gutke und Dietrich Zimmermann, in Neu Wulmstorf als Sprecher der Bürgerinitiative für weiches Wasser bekannt, mit ihrer Idee an die Grundschule heran. Sie wollen Kinder früher als üblich die Naturwissenschaften begeistern. In Deutschland fehlen Ingenieure. Eine fatale Entwicklung, wie die beiden meinen. "Wir haben doch nur den Rohstoff Wissen", sagt Werner Gutke. 2008 hat der Landkreis Harburg die beiden ehrenamtlichen "Dozenten" als "Alltagshelden" mit dem Bürgerpreis ausgezeichnet.

"Kinder lernen alles, wenn sie anfassen und ausprobieren können", sagt Ulrike Schaack-Knoop. Das können Kindergartenkinder bei Ramona Clauß. Die Erzieherin lässt in der Lernwerkstatt experimentieren. Leonhard, Florian, Connor, Julia und Laurenz, alle sechs Jahre alt, erforschen im Wasserglas, warum schwere Kreide schwimmt. "Weil Luft drin ist", sagt Connor. Die Ausbildung zum Schiffsbauingenieur hat begonnen.