Olaf Bülk aus Undeloh berichtet über seinen THW-Einsatz für die Flutopfer in Polen

Undeloh/Rzeczow. Schon Tage vor seinem Einsatz in Polen hat THW-Helfer Olaf Bülk aus Undeloh die Berichterstattung über die Flutkatastrophe in Polen im TV verfolgt. Weichsel und Oder sind aufgrund von sintflutartigen Regenfällen über die Ufer getreten und haben ganze Landstriche unter Wasser gesetzt. Die Deiche halten längst nicht mehr, der Boden kann keine Flüssigkeit aufnehmen. Mehrere Hundert Menschen mussten ihre Häuser verlassen, elf Personen sind ertrunken. In Oberschlesien und südlich von Krakau sind mehrere Ortschaften abgeschnitten.

Viele Familien waren bereits 1997 Opfer einer Flut und ringen nun erneut um ihre Existenz. Szenen, die dem THW-Helfer Olaf Bülk aus Undeloh nicht unbekannt sind. Wie berichtet, war er bereits 2004 während der Tsunami-Katastrophe in Banca Aceh, Indonesien, im Einsatz. Im Februar war Bülk für den THW-Ortsverband Stelle-Winsen für fünf Wochen nach dem schweren Erdbeben auf Haiti, um die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Nun ist er als THW-Teamleiter in Polen. Diesmal geht es nicht um die Trinkwasseraufbereitung, sondern um das Abpumpen der Wassermassen, um Infrastruktur und Gebäude wieder freizulegen. Wieder keine leichte Aufgabe. Und viel Zeit, sich auf seinen Einsatz vorzubereiten, hatte der Elektrikermeister auch nicht. "Ich hatte nicht damit gerechnet, schon wieder los zu müssen. Die Nachricht kam überraschend. Ich hatte nur sechs Stunden zum Packen, dann ging es schon los in Richtung Oberschlesien", sagt er. Sein Glück: Ein Kollege vertritt den Elektrikermeister während seiner Einsätze. "Ohne ihn könnte ich gar nicht an diesen Hilfsaktionen teilnehmen."

Am 19. Mai ist er mit 65 Helfern aus verschiedenen Ortsverbänden losgefahren. Zwei Wochen werden die Helfer in Polen bleiben. Mit im Gepäck befinden sich mehrere Hochleistungspumpen.

Die Geräte verfügen über eine Gesamtleistung von 25 000 Litern in der Minute. Eine weitere Havariepumpe schafft 15 000 Liter pro Minute, zwei Großpumpen immerhin noch 5000 Liter. "Damit kann man ein 500 Liter-Planschbecken in nur knapp zwei Sekunden leer pumpen. Bei so großen Wassermengen, mit denen wir es hier in Polen zu tun haben, ist diese Technik unverzichtbar", erklärt Bülk. Außerdem sind die Geräte darauf ausgelegt, Wasser über eine Entfernung von 1000 Metern zu pumpen. Der Einsatz dieser Technik war erst im September 2009 in den Niederlanden geprobt worden, als das THW mit vier Hochleistungspumpen an der EU-Katastrophenschutzübung "FloodEx" in den Niederlanden teilnahm. Damals ahnte Bülk nicht, dass die Probe aufs Exempel nur acht Monate später kommen würde.

Als er in Deutschland in einen der THW-Unimog stieg, wusste er auch noch nicht, wie dringend diese Pumpen gebraucht werden. In Opole, Sandomierz, Racibórz, Pszczyna und Breslau werden die THW-Helfer schon sehnlichst erwartet. In den überfluteten Gebieten versuchen die Menschen, Uferbefestigungen mit Sandsäcken zu verstärken und Wasser aus Kellern und Häusern zu pumpen. An vielen Stellen fehlt es jedoch an Sand, Pumpen und Schläuchen.

Zunächst in Rzeczow angekommen, müssen Bülk und seine Kollegen ein überflutetes Pumpwerk vom Wasser befreien. Hilfe erhalten sie von örtlichen Feuerwehrverbänden. "Ein Feuerwehrsprecher bezeichnete die Flut gar als schlimmste seit mehr als 100 Jahren", so Bülk. Das Hochwasser habe ein Ausmaß, wie es seit 1884 nicht mehr beobachtet worden sei. Sogar mit Hubschraubern hätten die Feuerwehrhelfer vom Wasser eingeschlossene Menschen gerettet. 14 500 Feuerwehrleute, 4000 Soldaten und sogar 6000 Häftlinge aus Strafanstalten seien Tag und Nacht im Einsatz. Sie sind froh über die THW-Unterstützung

"Die Zusammenarbeit klappt sehr gut. Hier wird besonders honoriert, dass wir ehrenamtlich arbeiten. Das rührt viele Polen." Aus Dankbarkeit seien sie sehr gut in einem Hotel untergebracht worden. Ein Luxus, den der Undeloher so nicht kennt. In Banda Aceh und auf Haiti musste er in einem Zeltlager campieren.

War Bülk in Asien und auf Haiti besonders von dem menschlichen Elend, das die Flutwellen mit sich brachten, berührt, ist er in Polen schockiert von den Umwelteinflüssen, die eine solche Katastrophe erst möglich gemacht haben. "Hier wurde lange Zeit Bergbau betrieben. Der Boden ist ausgehöhlt, kann kein Wasser aufnehmen. Das spült einfach alles rein. Die Ortschaften drohen, im Schlamm zu versinken oder einfach einzubrechen. Da stehen wir auch hilflos davor", so Bülk. Er hofft, dass es zu keinem Erdrutsch kommt.

Grund für die Zustände sei auch, dass sich nie jemand um die Deiche gekümmert habe. So hätten polnische Helfer berichtet, dass rund die Hälfte der Deiche keinen ausreichenden Schutz gegen Hochwasser biete. Außerdem seien Abwasserkanäle in der Vergangenheit nicht ausreichend gewartet worden, seien nun verschmutzt und könnten die Wassermassen nicht bewältigen. Schuld sei das fehlende Geld, denn viele Gemeinden könnten sich die Instandhaltung ihrer Deiche und Kanäle nicht leisten. Diese Zustände hätten böse Folgen für die Infrastruktur des Landes. Mehrere Bahnlinien wie die Strecke Krakau-Zakopane und Katowice-Bielsko-Biala sind unterbrochen. "Die Schienen stehen unter Wasser", so Bülk. Auch Krakau sei gefährdet. "Dort kämpfen 4500 Feuerwehrleute und Helfer des Katastrophenschutzes gegen die Wassermassen." Die südwestlich von Krakau gelegene Gedenkstätte Auschwitz musste wegen der drohenden Überschwemmung für Besucher geschlossen und mit Sandsäcken gesichert werden. Täglich erreichen neue Horrormeldungen die THW-Helfer. Sie wissen, dass die Flutwelle eventuell auch auf Brandenburg überschwappen könnte. Heute werden Bülk und seine Kollegen zurückkehren. Für den Undeloher ist jetzt schon klar: Auch diese zwei Wochen wird er niemals vergessen.