Er geht mir nicht aus dem Sinn. Mein neuer Freund. Der kesse Fratz aus dem Ottenser Westend.

Ich hatte ja an dieser Stelle schon erzählt, wie wir dem cleveren, coolen und kommunikativen Achtjährigen beim Bummel durch dies Ottenser Viertel mit seinem Wechsel von luxuriösen Eigentumswohnungen und Büros begegnet waren. Er hatte uns bei der Gelegenheit nach der Uhrzeit gefragt. Kurz vor halb acht am Abend.

Keiner sonst war mehr unterwegs in dem Viertel. Außer uns. Wir vertrieben uns die Zeit bis zum Beginn einer Theatervorstellung. Seine Frage, so kam es mir in den Sinn, war so etwas wie der Hilferuf eines Einsamen gewesen. Seine Eltern erwarteten am Abend noch Gäste, wie er uns wenig begeistert hatte wissen lassen. Waren sie froh, dass er noch draußen war, oder hatten sie ihn womöglich sogar vor die Tür gesetzt, weil er bei der Vorbereitung ihrer Party störte?

Wie dem auch sei, jetzt war er froh, Menschen getroffen zu haben, die sich ein wenig um ihn kümmerten. Was wäre gewesen, wenn er dabei an die Falschen geraten wäre? Ich male mir aus, wie die Geschichte weitergegangen ist für den kleinen St.-Pauli-Fan mit dem Totenkopf auf der Brust. Als die Gäste kamen, war er wohl wieder über und wurde in sein sicher bestens ausgestattete Kinderzimmer abgeschoben.

Was blieb ihm wohl anderes übrig, als sich an seinen Computer zu setzen oder sich vielleicht vorzustellen, wie sein Kiez-Club den HSV schlagen würde, wie er es uns im Gespräch schon angedroht hatte. Dann würden sie es denen aber zeigen, wie es ist, wenn die Kleinen einmal siegen gegen die Großen!