Unter Folie wachsen die Früchte der Familie Löscher und können so 14 Tage früher geerntet werden.

Hoopte. Ungewöhnlich spät beginnt in diesem Jahr die Erdbeerernte in Niedersachsen. Wegen des lang anhaltenden kühlen Frühlingswetters werden die Bauern die ersten Freilanderdbeeren erst Mitte Juni ernten können. Das ist drei Wochen später als im Vorjahr. Einige wenige Erzeuger verlängern künstlich die Saison: Der Erdbeer- und Spargelhof Löscher in Hoopte vermarktet bereits jetzt frische Erdbeeren aus eigenem Anbau und ist damit der Konkurrenz in der Region voraus. Das Kunststück gelingt in Folientunneln, die den roten Früchten ein wärmeres Klima verschaffen.

1500 Kilo Erdbeeren am Tag erntet der Hof Löscher in seinen Tunnelsystemen.

Auf insgesamt 30 000 Quadratmetern baut Familie Löscher Erdbeeren in den sogenannten Wandertunneln an. Unter dem Plastik staut sich die Sonnenwärme. Bei derzeit 15 Grad Außentemperatur steigt so die Raumtemperatur in den 180 Meter langen mobilen Folienzelten auf 20 Grad an - das ist die Lieblingstemperatur der Erdbeerfrucht. Etwa 1500 Kilo am Tag, sagt Vermarktungsleiter Felix Löscher (27) pflücken die meist polnischen und rumänischen Erntehelfer in den lichtdurchlässigen Plastikzelten. Die Tagesernte beginnt um 5 Uhr morgens und ist spätestens um 11 Uhr vorbei. Die Ware wird noch an demselben Tag an den eigenen Verkaufsständen vermarktet: im eigenen Hofladen am Hoopter Elbdeich, vor allem im Raum Seevetal und in Harburg am Eißendorfer Mühlenweg.

"Die Zelte bringen uns 14 Tage Vorsprung", sagt Felix Löscher. Zurzeit verlangt der Betrieb für ein 500-Gramm-Schale 3,50 Euro. Später, wenn die Ernte der Freilandkulturen Mitte Juni beginnt, wird der Preis voraussichtlich bei zwei Euro liegen.

Warum bauen dann nicht alle Erdbeererzeuger unter Folie an? Der Aufwand ist groß. Nur Betriebe mit viel Personal können ihn überhaupt leisten. "Die Pflanzen können Hitzestress bekommen und zerstört werden", sagt Florian Löscher (34), zuständig für den Anbau in dem Familienbetrieb. Deshalb müsse ständig aufgepasst werden, die Zelte rechtzeitig zu lüften. Bei 180 Meter langen Tunneln auf drei Hektar sei das nicht mal eben so zu machen.

Ihre Erdbeertunnel bauen die Löschers bereits im Januar auf. Bei der Ernte ist der Boden mit Stroh bedeckt - damit die Früchte sauber bleiben. Ein weiterer Vorteil: Das Stroh hält das Unkraut zurück. Ein Bewässerungssystem, kaum zu sehen unter dem Blattgrün der Pflanzen, liefert exakt dosiert die von den Erdbeeren benötigte Feuchtigkeit.

Insgesamt 80 Erntehelfer setzt der Hof Löscher allein bei den Erdbeeren ein. Neben den klimatisierten drei Hektar unter Folie baut der Betrieb noch auf 30 Hektar Freilanderdbeeren an. Spezialisten wie der Hof Löscher, die auf so kurzlebige Produkte wie Spargel und Erdbeeren setzen, bedienen sich verschiedener Techniken, um die Natur auszutricksen. Florian Löscher bedeckt im Januar die Erdbeerpflanzen mit Stroh. Von der Lichtzufuhr abgeschnitten verlangsamt der Landwirtschaftsmeister so ihr Wachstum.

Jeder Bundesbürger isst etwa drei Kilo frische Erdbeeren im Jahr.

Die Pflanzen tragen später erst dann Erdbeeren, wenn die Saison eigentlich schon vorbei ist. "Man hat zwar Mindererträge", sagt Florian Löscher, "kann die Erntezeit aber bis Ende August verlängern."

In ihrem Hofcafé in Hoopte bietet Familie Löscher zubereitete Speisen an: Erdbeertorte oder Erdbeer-Spargelsalat zum Beispiel. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Harburg zeichnete das Hofcafé 2006 mit dem Gründungspreis aus.

In Deutschland werden nach Angaben der Landwirtschaftskammer Hannover im Jahr etwa 13 000 Hektar Erdbeeren angebaut.

Knapp jede vierte Erdbeere davon stammt aus Niedersachsen. Jeder Bundesbürger verzehrt etwa drei Kilo frische Erdbeeren im Jahr - das sind insgesamt 230 000 Tonnen. 130 000 Tonnen davon stammen von Feldern in Deutschland. Die übrigen Erdbeeren werden überwiegend aus Spanien importiert.